Die Bruchstufe im Gebiet südlich des Natronsees besteht aus einer rund 500 m mächtigen Abfolge von Flutlaven, die in einer frühen Phase der Grabenbildung gefördert wurden. Von unten nach oben nimmt die Alkalinität tendenziell zu, von Alkalibasalten über Basanite (mit Mg# > 41) hin zu entwickelten Nepheliniten (Mg# < 47). Die Mg# schwankt stark mit der stratigraphischen Höhe, sodass von einer Vielzahl von Zyklen mit Magmenaufstieg, leichter Differentiation und Eruption ausgegangen werden muss. Ein im südlichen Teil des Arbeitsgebiets angeschnittener Schlackenkegel mit vielen Gängen, im Profil wiederholt auftretende Schlackenagglomerate, Palagonit-Tuffe und ein Nephelinit-Förderschlot zeigen, dass die Förderung der Laven ein lokales Ereignis war.
Die stratigraphisch tiefsten Alkalibasalte mit intergranularem Gefüge aus Plagioklas, Pyroxen, Olivin und Magnetit haben niedrige Gehalte an inkompatiblen Spurenelementen. Die darüber liegenden Basanite und Basalte, mit Einsprenglingen von Pyroxen und Olivin, haben eine holokristalline Matrix aus überwiegend Pyroxen-Mikroeinsprenglingen, mit Plagioklas, Nephelin und Kalifeldspat sowie Titanomagnetit in den Zwischenräumen. Leicht entwickelte Gesteine sind reicher an felsischen Mineralen und haben z.T. ein trachytisches Gefüge. Ein Picrobasalt, von dem die Basanite und Basalte durch Fraktionierung von Olivin, Klinopyroxen und Titanomagnetit abgeleitet werden können, erfüllt die chemischen Bedingungen primärer Mantelschmelzen.
Die entwickelten Nephelinite bestehen entweder aus Einsprenglingen von Nephelin und fluidal eingeregeltem, invers zoniertem Klinopyroxen, mit Nephelin, Klinopyroxen, Magnetit und etwas Glas in der Matrix; oder sie sind vitrophyrisch, mit bis 2 cm großem Nephelin und Mikroeinsprenglingen von Nephelin, Sodalith, Klinopyroxen und Magnetit. Akzessorisch treten Perovskit, Apatit und in einer Probe Titanit auf. Der vitrophyrische, großporphyrische Nephelinit kann von den anderen Nepheliniten durch Fraktionierung von Pyroxen, Perovskit und Apatit abgeleitet werden, die inverse Zonierung der Pyroxene erfordert zudem Magmenmischung. Ein Nephelinitgang hat jedoch von den anderen Nepheliniten stark abweichende Spurenelementverhältnisse, weshalb die Fraktionierung von einander ähnlichen, aber doch verschiedenen Magmen anzunehmen ist. Dieses Modell ist wegen der schwankenden Verhältnisse inkompatibler Spurenelemente vermutlich auch für die Basanite und Basalte anzunehmen, bei mit der Zeit tendenziell abnehmendem Schmelzgrad. Die in den Nepheliniten wesentlich höheren Gehalte an inkompatiblen Spurenelementen schließen eine Fraktionierung von den Basaniten zu den Nepheliniten aus.
Ein in die Basanite eingeschalteter Megakristall-Olivinmelilithit ist mit hohen Gehalten an Cr, Ni und Mg der einzige mögliche Kandidat eines primitiven Stamm-Magmas der Nephelinite. Er hat bis 4 cm große Einsprenglinge von Olivin und Klinopyroxen in einer Matrix aus Melilith, Klinopyroxen, Titanomagnetit und Nephelin. Die Melilithe sind entwickelt, mit hohem Sodamelilith- und Fe-Gehalt und gelben Interferenzfarben. Die Olivin- und Pyroxen-Megakristalle und evtl. auch die wenigen Chromit-Einsprenglinge sind vermutlich Xenokristalle. Eine Differentiation von diesem primitiven Gestein hin zu den entwickelten Nepheliniten wird durch die vorliegenden Daten nicht ausgeschlossen, die große Lücke zwischen beiden macht eine endgültige Klärung jedoch unmöglich.
Neukirchen, F., 2004. Stratigraphie und Petrologie der Lavenabfolge in der Bruchstufe zwischen Oldoinyo Lengai und Engare Sero Canyon, Tansania. Diplomarbeit. Freiburg, 141 Seiten.
Neukirchen, F., Finkenbein, T., Keller, J., 2010. The Lava sequence of the East African Rift escarpment in the Oldoinyo Lengai – Lake Natron sector, Tanzania. Journal of African Earth Sciences, doi:10.1016/j.jafrearsci.2010.06.002
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