Ilimaussaq, Grönland

Eine Reise zu Eis und Tugtupit

Fjord in Grönland
Fjord in Grönland

Der grüne Teil Grönlands ist ein Puzzle von Flechten und Moospolstern, Mooren und Seen, durch Gletscher rund geschliffenen Felsen und Wasserfällen. Hinter den Bergen liegt weiß leuchtend wie eine Nebelbank das Inlandeis, das breite Gletscher hinunterschickt. Auf den Fjorden, die wie ein Netz die Gegend durchziehen, treiben blau-weiße Eisberge.

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Aber auch geologisch ist Südgrönland beeindruckend. Die agpaitische Ilimaussaq-Intrusion, die sich im Proterozoikum mit dem Gardar-Rift gebildet hat, gehört zu den spektakulärsten Vorkommen von hoch peralkalinen Gesteinen: durch eine extreme (und noch nicht ganz verstandene) Fraktionierung von alkalibasaltischem oder nephelinitischem Magma haben sich Schmelzen mit extremen Zusammensetzungen gebildet. Der Gehalt an Alkalien ist so hoch, dass das Aluminium nicht ausreicht, um sie alle in Feldspäten einzubauen. Auch sind Elemente wie Zr extrem angereichert. Die Gesteine enthalten daher komplexe Alkali-Zr-, -Ti-, -SEE-Silikate wie den roten bis pinken Eudialyt. Viele der vorkommenden, z.T. sehr seltenen Mineralen, wie der pinke Halbedelstein Tugtupit, sind fluoreszierend und locken Mineralienjäger an (Bilder: Mineralien und Gesteine von Ilimaussaq).

Eine Woche sind wir im Camp am Kangerluarsuk, wo drei Tübinger Diplomanden arbeiten; nahe dem Lakseelv, in dem Lachse versuchen, den kleinen Wasserfall hinauf zu springen. Die durch magmatic layering waagrecht gestreifte Felswand südlich des Fjords, der Kakortokit, war der Bodensatz der Magenkammer. Die sich abwechselnden hellen und dunklen Lagen bestehen aus unterschiedlichen Mengen von weissem Feldspat, schwarzem Arfvedsonit (Amphibol) und rotem Eudialyt. Oft ist die Felswand jedoch nicht zu sehen und der Regen dringt durch Jacke und Regenhose. Mit der Zeit gewöhnen wir uns sogar an klamme Klamotten und über Tage hinweg nasse Schuhe.

Magmatisches Layering im Kakortokit
Magmatisches Layering im Kakortokit

Während die Diplomanden weiterarbeiten, leihen wir (Michel, Martin, Esther, Oli und ich) uns Hochseekajaks und paddeln durch die vor Narsaq treibenden Eisberge. Die 2000 Einwohner zählende Stadt ist ein Produkt der dänischen Kolonialpolitik der 1950er Jahre, als den verstreut als Jäger lebenden Innuit ein „zivilisiertes Leben“ beigebracht wurde. Viele hier sind frustriert über die Perspektivlosigkeit und legen ihr Geld in Alkohol an. Außer den Schaf-Farmen, Krabbenfängern und der kleinen Robbenpelzfabrik gibt es kaum Arbeitsplätze.

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Wir schleppen unsere schweren Rucksäcke bei wechselhaftem Wetter Richtung Qassiarsuk. Der nach dem Essen freigewordene Platz wird immer wieder mit Steinen aufgefüllt…. In Qassiarsuk siedelte 982 n. Chr. schon Erik der Rote, nachdem er von Island verbannt worden war; sein Sohn Laif Erikson entdeckte aus Versehen Amerika. Zu sehen gibt es außer Grundmauern die winzige rekonstruierte Kirche und ein Langhaus.

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In der letzten Woche wandere ich mit Oli durch das von Gletschern und Fjorden eingeschlossene Mellemlandet. Endlich haben wir über Tage hinweg stabiles Wetter. Tief unter unserem Zeltplatz kalbt ein von Spalten durchfurchter Gletscher mit lautem Tosen in den Fjord, das Wasser ist mit einer dichten Schicht von Eisschollen bedeckt. Einen Tag später schweift unser Blick über die Gletscher, die aus allen Richtungen vom Inlandeis herunterkommen, um Berge herumfließen, sich verzweigen… Die letzte Nacht in Grönland beschert uns schließlich noch Nordlichter, die stundenlang über den Himmel flackern.

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Siehe auch: Mineralien und Gesteine von Ilimaussaq und Die Welt der Rohstoffe

Literatur

Markl, G, Marks, M, Schwinn, G, Sommer, H (2001). Phase equilibrium constraints on intensive crystallization parameters of the Ilimaussaq compex, South Greenland. Journal of Petrology 42, 2231-2258.

Sørensen, H (1997). The agpaitic rocks; an overview. Mineralogical Magazine 61, 485-498.

Marks, M, Vennemann, T, Siebel, W, Markl, G (2004). Nd-, O-, and H-isotopic evidence for complex, closed-system fluid evolution of the peralkaline Ilimaussaq intrusion, South Greenland. Geochimica et Cosmochimica Acta 68, 3379-3395.