Blickt man über die Hauptstadt Armeniens, so breiten sich vor einem die Blocks aus Sowjetzeiten aus, grauer Beton und rosa Kalktuff, dazwischen prunkvolle Paläste der Diktatur des Proletariats, die sich im Dunst verlieren. An klaren Tagen, die selten zu sein scheinen, ragt dahinter der majestätische Ararat auf. Das Bild wirkt so unwirklich, als habe dort hinten jemand eine riesige Fototapete ausgerollt.
Auf den Plätzen wird jedes Stückchen von teuren Cafés ausgenutzt, die nach einem Besuch in den Kunstmuseen locken.
Im Genozid-Mahnmal erfahre ich eingehend, wie die Türken im 1. Weltkrieg die „armenische Frage“ lösen wollten, indem sie 1,5 Millionen Menschen um brachten. Damals kämpften Armenier auf russischer Seite, weil sie eine Unabhängigkeit vom osmanischen Reich erhofften. In der Folge wurden Armenier in Massen in die syrische Wüste getrieben, wo sie überfallen wurden, wenn sie nicht bereits verdurstet waren. Andere wurden ertränkt oder erschossen, oft von Spezialeinheiten, die aus zu diesem Zweck freigelassenen Kriminellen bestanden. Das mit der Türkei verbündete Deutschland meinte dazu, es handle sich um eine interne Angelegenheit des osmanischen Reiches.
Von Yerevan ist es nicht weit zum hellenistischen Tempel in Garni, der spektakulär über einer Schlucht mit hohen Basaltsäulen thront. Er erinnert daran, dass Armenien nach dem Zusammenbruch der hellenistischen Reiche (und vor dem Aufstieg Roms) seine größte Ausdehnung erreichte: bis nach Syrien. Vom Tempel etwas die Schlucht aufwärts liegt ein besonders schönes Kloster, Geghard. Es gibt noch einige weitere Klöster in der Umgebung, am Rand von Schluchten, auf einem Hügel vor dem Ararat (soweit er im Dunst zu ahnen ist) usw., ich sehe auch die schöne Kathedrale von Echmiatsin, die der Sitz des armenischen Patriarchen ist.
Weiterlesen
- Reisebericht Naher Osten und Kaukasus 2008
- Basaltsäulen bei Garni, Armenien
- Yerevan
- Tatev und Noravank
- Haghpat und Sanahin
- Tiflis
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
ISBN 978-3-89514-925-2