Die Landschaft im Süden von Bolivien gehört zu den phantastischsten, die man sich vorstellen kann: der Salar de Uyuni, bunte Seen und jede Menge aktive und erloschene Vulkane (siehe auch mein Buch Bewegte Bergwelt). Bei einer Jeeptour, in meinem Fall mit Transfer nach San Pedro de Atacama in Chile, kann man jedoch Glück und Pech haben und ich hatte Pech: Ich lande als einziges Individuum in einem Jeep mit slowenischen Pauschaltouristen inklusive slowenischem Tourguide, der über mein Glück genauso entschied wie über das seiner Schäfchen: „hier haben wir 15 Minuten“… Traurig zu sehen, dass alle Fotos schießen, wenn der Guide einen Fotostopp verordnet, aber wenn ich einen Stopp will lese ich in den Blicken: „Nein, das geht nicht, wir sind eine Gruppe und der andere Jeep ist schon ein paar Minuten voraus“.
Am ersten Tag geht es über den Salar de Uyuni, eine weiß leuchtende Fläche aus Salz bis zum Horizont. Mittendrin eine Insel mit riesigen Kakteen.
Am nächsten Tag kommt eine Lagune nach der anderen, zum Teil mit einer weißen Salzplaya am Ufer und voller pinker Flamingos. Hin und wieder bizarr erodierte Ignimbrit-Felsen wie der oft fotografierte „Steinbaum“ und am Vulkan Ollague deutlich sichtbare Fumarolen. Und dann endlich die Laguna Colorada, für mich der Hauptgrund für die Tour: im von Plankton rosa gefärbten Wasser schwimmen weiße Inseln aus Borax und wieder ein paar Flamingos.
Nach 3 Minuten am Ufer schickt der Guide uns wieder in die Autos und ich denke noch, dass wir an einen anderen Aussichtspunkt fahren, stattdessen geht es direkt zum einige Kilometer entfernten Hostel. Als ich mich beschwere, meint der Clown von einem Führer tatsächlich: „wir sind eine Gruppe von 11 und du bist allein, so shut up!“ Nachdem ich ihn mit Schimpfwörtern überschüttet habe, kommuniziere ich mit der Gruppe nur noch indirekt über den Fahrer (der nichts dafür konnte) und setze mich zum Essen demonstrativ zu anderen Touristen. Um die Katastrophe zu relativieren, gehe ich noch zu Fuß zur Lagune, was aber mehr als eine Stunde dauert, sodass ich zu spät zum Sonnenuntergang bin.
Am Morgen fahren wir um 5 Uhr los zum sogenannten Geysir Sol de la Mañana, in Wirklichkeit ein paar Fumarolen und Mudpools und kein Geysir. Wirklich nur einen Moment vor Sonnenaufgang fahren wir wieder weiter (wie idiotisch!), zu einer heißen Quelle. Hier plansche ich mit einigen netten Backpackern, während meine doofe Gruppe draußen steht. Selber Schuld. Weiter geht es zur Laguna Verde, die allerdings nur Nachmittags grün ist. Dahinter der Vulkan Licancabur. 3 Minuten und ab ins Auto. Bei der benachbarten Laguna Blanca steige ich gegen 10 Uhr aus, endlich bin ich die Gruppe los.
Den Vulkan Licancabur (5920 m) darf man nur mit einem Führer besteigen. Allerdings gibt es an diesem Nachmittag keinen Führer und wohl auch kein Benzin um zum Ausgangspunkt zu fahren. „Dann geh ohne Guide, kein Problem…“
Etwas mehr als eine Stunde laufe ich am Ufer der Laguna Blanca entlang, zur Laguna Verde. Diese ist jetzt tatsächlich grün, mit einem Stich ins Türkise. Für bessere Aussichten laufe ich eine weitere Stunde um den See herum, gegen 14 Uhr bin ich am Westufer, unterhalb des Vulkans. Verdammt spät, denn vom Ufer sind es 1600 Höhenmeter und um kurz nach 18 Uhr geht die Sonne unter! Beim Aufstieg gebe ich alles, was Lunge und Beine hergeben. Je Höher ich komme, desto mehr wühle ich mich einen rutschigen Steilhang aus Lockermaterial aufwärts, wie es für Vulkane typisch ist. Dafür werde ich aber mit großartigen Blicken auf die beiden Lagunas und die Vulkanlandschaft drumherum entlohnt.
Mit der Zeit habe ich das Gefühl, dass die mich nur ohne Führer haben laufen lassen, in der Hoffnung, dass ich (ohne Jeep) aufgebe, aber dieser Gedanke treibt mich erst recht aufwärts. Auf dem Gipfel komme ich allerdings erst im Dunklen an, vom Seeufer habe ich immerhin nur 5 Stunden gebraucht! Der Krater ist nur noch ein schwarzes Loch, in dem eine weiße Fläche zu erkennen ist: das Eis auf dem Kratersee, dem höchsten See der Welt. Im Schein der Kopflampe rutsche ich langsam den Berg hinunter, dann die lange Strecke am Seeufer, durstig und erschöpft schleppe ich mich vorwärts. Gegen 23 Uhr komme ich an, die Señora ist schon im Bett und so bekomme ich weder Abendessen noch etwas zu trinken.
Am nächsten Morgen geht es mit einem Jeep für mich allein zur Grenze. Für den Bus bis San Pedro muss ich dann, obwohl eigentlich der Transport in der Tour eingeschlossen sein sollte, nochmal 40 Bolivianos bezahlen, ich hatte kein Voucher dafür bekommen!
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- Reisebericht Anden 2010
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- Sajama und Lauca
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- Bewegte Bergwelt: Gebirge und wie sie entstehen
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