Der Kaukasus, ein über 1000 km langes Hochgebirge mit Gipfeln über 5000 m, ist Teil des alpidischen Orogengürtels. Das Gebirge entstand durch die nordwärts gerichtete Bewegung der Arabischen Platte (ein Bruchstück von Gondwana) gegen Eurasien. Für Geologen verläuft hier die Grenze zwischen Eurasien und Gondwana, für Geographen die Grenze zwischen Europa im Norden und Asien im Süden.
Beim genaueren Betrachten sieht diese Geschichte allerdings wesentlich komplizierter aus: Es handelt sich nämlich um zwei parallel verlaufende Gebirgszüge. Das Hochgebirge des Großen Kaukasus (mit Gipfeln über 5000 m) ist durch den flachen Transkaukasus vom etwa 100 km südlich liegenden Kleinen Kaukasus (mit Gipfeln bis 3700 m) getrennt. Die Sutur, also die Naht, an deren Stelle sich einmal der Tethys-Ozean befand, befindet sich im Kleinen Kaukasus. Nach Westen setzt sich diese Naht im Pontischen Gebirge (Türkei) fort, nach Osten geht sie in den Elburs (Iran) über. Ein drittes Gebirge verläuft südlich des ostanatolischen Plateaus: Hier geht der Taurus (Türkei) nahtlos in den Hohen Zagros (Iran) über.
Tatsächlich ist die gesamte Region ein Puzzle aus Terranen bzw. Mikrokontinenten, darunter der Transkaukasus und die iranische Platte, die zwischen Eurasien und Arabien einklemmt wurden. In der Tethys gab es gleich mehrere Inselbögen, an denen ebenfalls subduziert wurde.
Der Transkaukasus-Terran war in der Jurazeit ein flacher Schelfbereich, der durch ein tieferes Meeresbecken (dem heutigen Hohen Kaukasus) von Eurasien getrennt war. Der Südrand war eine Subduktionszone, in der ozeanische Kruste der Tethys versenkt wurde, während das Meeresbecken im Norden durch die Backarc-Dehnung dieser Subduktion aufgerissen war. In der Tethys gab es weiter südlich eine weitere, ebenfalls nach Norden abtauchende Subduktionszone (einen Inselbogen, heute Kleiner Kaukasus und Pontisches Gebirge) und kleine Terrane. Die iranische Platte war bereits früher mit Eurasien kollidiert, sie blieb weitgehend ein flaches Schelfmeer, an dessen Südrand ebenfalls subduziert wurde.
In der Kreidezeit kollidierte der Armenische Terran mit dem Inselbogen, was zur Obduktion der Ophiolithe im heutigen Kleinen Kaukasus führte. Wenig später kollidierte Armenien (und der ehemalige Inselbogen) mit der Subduktionszone am Südrand des Transkaukasus. Ab diesem Moment wurde auch das Backarc wieder zusammengeschoben (erste Deckenüberschiebungen im Hohen Kaukasus), die Hebung war jedoch gering.
Im pontischen Gebirge, südlich von Armenien und am Südrand der iranischen Platte wurde weiterhin subduziert. Im Westen kollidierten einige Bruchstücke von Gondwana mit der Subduktionszone (pontisches Gebirge) und setzten sich zu Westanatolien zusammen. Die Subduktion sprang mit jeder Kollision an die Südseite des angedockten Terrans. Südlich des kleinen Kaukasus entstand aus Sedimenten, die von der abtauchenden Platte abgeschabt wurden, ein riesiger Anwachskeil: das heutige Ostanatolien.
Im Oligozän begann die Kollision der arabischen Platte mit Westanatolien (im Taurus), dem ostanatolischen Anwachskeil und dem Iran (im Hohen Zagros). Die hohe Geschwindigkeit der Platte (mehrere cm pro Jahr) setzte auch die älteren Nähte in Bewegung. Der Hohe Kaukasus nahm einen großen Teil der Bewegung auf und wurde nun schnell gehoben. Die überschobenen Decken bestehen überwiegend aus Sedimenten, die zuvor im Backarc abgelagert wurden: vor allem Tonstein, Karbonat und Sandstein. Die zentrale Achse in der westlichen Hälfte des Gebirges (z.B. Ushba) besteht aus Decken aus dem alten Grundgebirge. Zeitweise war die Hebung von starkem Vulkanismus begleitet, die Vulkane Elbrus und Kasbek gehören zu den höchsten Gipfeln der Region. Im Iran fand die Kollision im Zagros statt, aber auch der ältere, längst abgetragene Elburs wurde so stark bewegt, dass neue Deckenüberschiebungen entstanden. Das südliche Kaspische Meer (das erst kurz vorher durch Backarc-Dehnung entstanden war) wird durch die schnelle Hebung im Kaukasus und Elburs sehr schnell mit Tonstein verfüllt: Diese Sedimente sind reich an Erdöl und die schnelle Füllung verursacht die merkwürdigen Schlammvulkane in Aserbaidschan.
Die weitere Entwicklung des Ostanatolischen Plateaus (mit den großen Vulkanen Ararat, Aragats usw.) ist eine andere Geschichte, die in meinem Buch nachgelesen werden kann.
Literatur
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Moores, Fairbridge (eds.) (1997). Encyclopedia of Europaen and Asian Regional Geology. (bei Google Books)