Das „Sankt Moritz“ Argentiniens, San Carlos de Bariloche, ist ein Städtchen voller Schokoladenläden, in einer beeindruckenden Landschaft mit unzähligen Seen und Bergspitzen (Nationalpark Nahuel Huapi). Wie jeder andere Tourist auch genieße ich den unglaublichen Blick vom Cerro Campanario, einem Hügel etwas außerhalb der Stadt, auf den sogar ein Sessellift hinaufführt. Zu sehen ist ein Gewirr aus Seen (Lago Nahuel Huapi und viele kleinere), Inseln und Halbinseln, mit Bergen im Hintergrund.
Wenige 100 m weiter leihe ich ein Rad und fahre damit den sogenannten Cirquito Chico durch diese Landschaft. Für die nicht einmal 30 km brauche ich einen halben Tag, weil ich immer wieder an einem Aussichtspunkt bremse. Vor allem die südliche Hälfte der Runde ist sehr schön.
Wesentlich spannender ist aber eine Wanderung durch die Berge im Hinterland von Bariloche, mit Felsspitzen und Karseen, die tatsächlich an die Alpen erinnern (nur nicht an die Dolomiten, mir ist es ein Rätsel, wie die Autoren des Wanderführers auf diesen Vergleich gekommen sind. Ich denke eher an das Adamello).
Ich versuche mich an der „Nahuel-Huapi-Traverse“ und steige erst einmal zum Refugio Frey auf. Dieses liegt hübsch an einem See, dahinter die Felsnadeln des Pico Catedral. Ich muss an Granit-Landschaften in den Alpen denken.
Am Abend komme ich an der Laguna Jacob (Refugio Martin) an. Von hier wollte ich über einen Berg hinüber zum Refugio Italia, aber es ist noch zu früh im Jahr, ich komme nur bis etwas oberhalb der halb zugefrorenen Laguna de los Tempanos. In einer steilen Rinne liegt noch Schnee, und da darunter eine Felswand ist, geht es ohne Pickel und Steigeisen (Letztere hätte ich sogar gehabt) nicht weiter. Es waren auch noch keine Spuren zu sehen … Also bleibt mir nichts anderes übrig, als das lange Tal hinab zu wandern.
Unten trampe ich zum Endpunkt der Traverse, mein Plan B ist, statt einem großen Halbkreis zwei kleine zu machen. Am Abend komme ich am Refugio Lopez an, mit tollem Blick auf den Lago Nahuel Huapi. Noch besser ist der Blick vom Pico Turista, auf dem ich am nächsten Morgen stehe. Der See mit seinen unzähligen Verzweigungen liegt 1000 m unter mir. Für ein paar Minuten taucht auch der Tronador aus den Wolken auf, der all die anderen Berge um einiges überragt.
Neben den Felswänden unter mir kreist ein Kondor zusammen mit mehreren kleineren Raubvögeln. Der Kondor kommt einmal auf wenige Meter heran, bleibt ein paar Sekunden reglos in der Luft stehen und blickt mir ein skeptisch in die Augen …
Nachdem ich zwei Pässe überwunden habe, sitze ich am Refugio Italia, unter den schwarzen Felsgipfeln an der ebenfalls schwarzen Laguna Negra. Ein Wasserfall fällt von hier aus in einen Talkessel, auf dessen anderer Seite der Berg ist, an dem ich am Tag zuvor gescheitert bin. Ich folge nun dem Tal hinab und freue mich auf die Dusche …
Eigentlich wollte ich noch einen weiteren Trek machen, aber wegen des grausigen Wetterberichts habe ich spontan einen Flug gebucht, der mich morgen 800 km nach Süden nach El Calafate bringen wird.
Übrigens bin ich hierher mit dem Bus von Pucon (Chile) via Martin de los Andes gefahren, eine wirklich wunderschöne Route. An der Grenze wartet man mit perfektem Blick auf den Kegel des Lanin und später kurvt die Routa de los siete lagos von einem Bergsee zum nächsten.