Rammelsberg

Alte Stollen in der riesigen SEDEX-Lagerstätte im Harz

Aufbereitungsanlage und Förderturm am Rammelsberg
Aufbereitungsanlage und Förderturm am Rammelsberg

Ein wichtiger Typ von hydrothermalen Lagerstätten sind Sedimentär-exhalative Lagerstätten (SEDEX), die an heißen Quellen am Meeresboden entstehen, und zwar in Sedimentbecken weit ab von Vulkanismus. Das heiße Wasser tritt entlang von Verwerfungen aus und vermischt sich mit dem kalten Meerwasser, was schlagartig zur Ausfällung von Sulfiden wie Pyrit, Galenit (Bleiglanz) und Sphalerit (Zinkblende) und von Sulfaten wie Anhydrit und Baryt führt. Da typischerweise gleichzeitig Tonminerale sedimentiert werden, entsteht ein Tonstein, der große Mengen an Sulfiden enthält. Mehr als die Hälfte aller bekannten Reserven von Blei und Zink sowie bedeutende Mengen an Silber befinden sich in solchen SEDEX-Lagerstätten.

Zu den weltweit bedeutendsten Beispielen dieses Lagerstättentyps zählt der Rammelsberg bei Goslar, am Nordrand des Harzes. In den eingefalteten Tonsteinen aus dem Devon gibt es hier zwei große Erzkörper (Altes und Neues Lager), die knapp 30 Millionen Tonnen Erz mit einem ungewöhnlich hohen Erzgrad enthielten (14 % Zink, 6 % Blei, 2 % Kupfer, 140 g/t Silber, 1 g/t Gold). Sporadischer Abbau begann wohl schon in der Bronzezeit. Ab der ersten schriftlichen Erwähnung 968 wurde mehr als 1000 Jahre lang kontinuierlich Bergbau betrieben. Anfangs ging es vor allem um Kupfer (aus dem zum Beispiel viele Bronzekunstwerke der Romanik entstanden) und Silber, später auch um die anderen Metalle und um Baryt. In der Nazizeit ermöglichten ein neuer Schacht, eine neue Aufbereitungsanlage und der Einsatz von Zwangsarbeit eine deutliche Steigerung der Förderate. Der Abbau wurde 1988 eingestellt, die Lagerstätte ist vollständig erschöpft. Seither sind die tiefen Bereiche des Bergwerks geflutet (wobei die Abbauhohlräume sowieso mit Versatz verfüllt wurden, damit man auch die dazwischen stehenden Säulen abbauen konnte), der trockene Teil kann in einem sehenswerten Besuchsbergwerk besichtigt werden.

Mehr über SEDEX im Allgemeinen und den Rammelsberg im Besonderen wird in meinem Buch über Rohstoffe zu lesen sein, an dem ich gerade arbeite. Das war für mich auch ein Grund, auf der Durchreise in Goslar Halt zu machen. Ich mache drei Führungen mit, besichtige ausgiebig das Museum und bin so einen ganzen Tag lang beschäftigt. Eine Führung führt durch den 200 Jahre alten Röderstollen. Durch diesen wurde Wasser in den Berg geleitet, das vier unterirdische Wasserräder antrieb. Zwei davon hoben große Eimer voll Erz aus tieferen Sohlen, die anderen beiden trieben Pumpen an, mit denen das Grubenwasser aus den tieferen Sohlen gepumpt wurde. Bei der nächsten Führung fahre ich mit der Grubenbahn in einen etwas moderneren Teil des Bergwerks. Rund um den Richtschacht wurde hier eine Ausstellung eingerichtet, in der Bohrgeräte und Fördermaschinen vorgeführt werden. Bei der letzten Führung geht es durch die Aufbereitungsanlage, vorbei an riesigen Backenbrechern, Kugelmühlen, Flotationszellen und Maschinen zum Trocknen der Erzkonzentrate — eine riesige Ansammlung von rostigem Metall.


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