Einer der aktiven Vulkane von Mexiko ist El Chichón in Chiapas, der auch Chichonal genannt wird. Anders als die großen Stratovulkane im Hochland von Zentralmexiko ist er niedrig (1150 m) und sieht vom Weitem nicht wie ein Kegel, sondern wie ein Hügelrücken aus. Umso schöner ist der Blick in den Krater auf einen grünen, stark sauren See. Neben einer Bucht dampfende Fumarolen, das Wasser der Bucht ist hellgrün und von hier wabert eine hellgrüne Schliere, die ständig ihre Form verändert, in den ansonsten dunkelgrünen See.
Was eigentlich eine der interessantesten Natursehenswürdigkeiten des Landes ist, steht nicht in den Reiseführern und wird nur von wenigen Touristen besucht (Reiseinformationen und GPS-Wegpunkte folgen unten). Das liegt sicher daran, dass der Vulkan weit weg von den touristischen Hotspots von Chiapas liegt und die Anreise kompliziert und langwierig ist. Ausgangspunkt ist das Bergdorf Chapultenango. Im Tal liegt Ixtacomitán, eigentlich an der kürzesten (kurvigen) Route zwischen Tuxtla und Villahermosa. Doch hier hält täglich nur ein Bus, die meisten Busse umfahren die Gegend in einem weiten Bogen.
Ich starte am frühen Mittag in Palenque mit einem komfortablen Bus nach Villahermosa (2 h 45). Dort laufe ich zum anderen Busterminal, an dem die Lokalbusse abfahren, und nehme einen weniger komfortablen Bus nach Pichucalco (2 h). Von hier fährt ein Colectivo nach Ixtacomitán (30 min), wo man wiederum ein Pickup hinauf nach Chapultenango findet (1 h). Dieses ist schon voll und so hänge ich hinten in einer Menschentraube, die Füße auf der Stoßstange, die Hände an den Metallstangen eines Sonnendachs. Die Sonne ist schon untergegangen und es wird langsam dunkel. Zum Glück habe ich wenig später doch einen Sitzplatz, die kurvige Straße zieht sich ganz schön.
Leider gibt es in Chapultenango keine Unterkunft. Ich muss also noch zum 7 km entfernten El Volcán, das am Fuß des Berges liegt und nur aus ein paar Häuschen besteht. Hier gibt eine Hütte mit wenigen Betten und Platz zum Zelten. Eine weitgehend flache Schotterpiste führt dort hin, sollte auch im Dunkeln kein Problem sein? Ich Frage nach dem Weg und alle sagen, das sei zu gefährlich im Dunkeln, aber es gäbe jetzt auch keine Pickups mehr, was nun? Eine hilfsbereite Frau findet für mich jemanden, der mich mit einem Motorrad hinfährt. Zum Glück, denn kaum habe ich mich dort mit einem Taubstummen über den Preis verständigt, fängt es heftig an zu regnen.
Etwa 3 h vor Sonnenaufgang gehe ich im Schein der Stirnlampe los (der Aufstieg dauert 2–3 h). Der Pfad führt durch eine neu gepflanzte Allee, überquert einen Bach und führt über Weiden sanft aufwärts. Immer wieder Stacheldrahtzäune mit kleinen Gattern.
Und dann verlaufe ich mich, im Dunkeln sehe ich nicht einmal den Abzweig (von dem ich auch nichts wusste), an dem der richtige Weg im rechten Winkel nach rechts durch ein Gatter im Zaun hindurch abzweigt. Ich lande auf einer sumpfigen Wiese, auf der sich mein Pfad verläuft. Gegenüber finde ich einen anderen Pfad, steige auf einen Rücken auf und folge diesem auf einem ausgetretenen Pfad aufwärts. Nach einiger Zeit bin ich relativ weit oben auf der Südseite des Vulkans, aber der Weg führt wieder abwärts, auf ein Dorf zu, dessen Lichter im Dunklen deutlich zu sehen sind. In Richtung Vulkan tiefe Erosionsrinnen und dichtes Gestrüpp. Die Idee, bei Sonnenaufgang oben zu sein, ist damit grandios gescheitert, das Ganze kostet mich 2 Stunden. Denn ich finde nicht einmal mehr den gleichen Weg zurück, im Dunklen erscheinen mir die Hänge wie unüberwindbar, steil und voller Gestrüpp (im Hellen sieht es später ganz harmlos aus). Also nehme ich den Pfad auf dem Rücken in die andere Richtung und treffe in Sichtweite meiner Hütte auf den Hauptpfad, als es gerade hell wird.
Mein zweiter Versuch ist erfolgreicher. Ich finde den Abzweig nach rechts und dann ist der Weg eindeutig. Es geht bald in eine Erosionsrinne hinab, ein Stück das Bachbett aufwärts und auf der anderen Seite wieder hinaus. Nun den mit Büschen, Schilf und Orchideen bewachsenen Hang hinauf zum Sattel zwischen zwei hügelförmigen Gipfeln. Dort angekommen stelle ich erstaunt fest, dass nur noch wenige Höhenmeter fehlen. Die Hügel auf beiden Seiten sind Reste eines alten Kraterrandes, während vor mir, durch eine schmale Ebene getrennt, ein niedriger Tuffring liegt. Wenige Minuten später bin ich oben und blicke auf den See im Krater.
Es ist interessant, zum Vergleich vor dem letzten Ausbruch im Jahr 1982 aufgenommene Luftbilder anzusehen (verlinkte Webseite in der Photo Gallery): Den Tuffring und seinen Krater gab es nicht, stattdessen einen großen Lavadom.
Den kleinen nasenförmigen Gipfel etwas weiter rechts hinter der Messstation besteige ich lieber nicht, er ist von dezimeterbreiten Spalten umgeben und macht den Eindruck, dass er bald abstürzt.
Der Weg folgt dem Kraterrand ein Stück nach links und führt dann sehr steil zum See hinab. Am Ufer sind viele Mofetten zu sehen (Gasblasen aus überwiegend CO2 blubbern im Wasser). Etwas weiter oben heftig dampfende Fumarolen mit deutlichem H2S-Geruch, an den Rändern der Löcher wachsen schöne kleine Schwefelkristalle. Und an der schon erwähnten Bucht treffe ich auf kochend heiße Quellen. Eine blubbert wie ein Minigeysir ein paar cm hoch. In der Bucht kocht stellenweise sogar das Wasser des Sees.
Wie ich später lese, wird der See überwiegend von diesem hydrothermalen Wasser gespeist, das stark salin ist und einen fast neutralen pH hat. Das saure Wasser des Sees ist typisch für Vulkane, was an der Oxidation von Schwefel liegt.
Vorsicht: Vulkanische Gase sind gesundheitsschädlich und greifen auch eine Kamera o.ä. an. Und der Kraterrand ist steinschlaggefährdet.
Auf dem Rückweg laufe ich zu Fuß bis Chapultenango. Dann wieder ein Pickup nach Ixtacomitán und ein Colectivo nach Pichucalco, wo ich die Nacht in einem einfachen Hotel verbringe. Früh morgens nehme ich einen Bus, der mich in 6 h über schmale kurvige Sträßchen nach Tuxtla bringt.
Praktische Hinweise
Wegpunkte:
El-Chichon-Wegpunkte.gpx
Die Datei kann mit GPS-Geräten oder Smartphones (z.B. die Android-App Geo Tracker) verwendet werden.
Bus von Norden:
Palenque nach Villahermosa: 2 h 45, regelmäßig Busse
Villahermosa (Central de Autobuses de Tabasco) nach Pichucalco: 2 h, regelmäßig Busse
Pichucalco nach Ixtacomitán: 30 min, regelmäßig Colectivo
Ixtacomitán nach Chapultenango: 1 h, Pickups
(Tägl. auch 1 Direktbus bis Ixtacomitán)
Bus von Süden:
Tuxtla nach Pichucalco: 6 h, 4 Busse tägl
Von dort: Siehe oben.
(Tägl. auch 1 Direktbus bis Ixtacomitán)
Wanderung:
Chapultenango nach Volcán: 2 h (auch per Pickup mögl.)
Volcán bis Gipfel: 2 h
El Chichon auf Summitpost
Unterkunft:
Kleine Hütte (zelten mögl.) in Volcán. Essen und Wasser mitbringen.
Einfache Hotels in Pichucalco. Keine Unterkunft in Chapultenango!
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