Eine ganze Landschaft von tosenden weißen Vorhängen aus Wasser, die sich von allen Seiten in eine 80 m tiefe Schlucht aus schwarzem Basalt stürzen. An den Felsen der Inseln, die zwischen den 20 großen und etwa 200 kleineren Wasserfällen liegen, klammert sich ein üppiger Regenwald. Die Gischt sorgt für ein feuchtes, fast tropisches Klima in einer Region, die normalerweise heiß-trocken wäre. Nur wenige Wasserfälle der Erde sind mit diesem Naturschauspiel an der Grenze zwischen Argentinien und Brasilien auch nur annähernd zu vergleichen.
Wer dieses Schauspiel bewundern will, darf allerdings nicht erwarten, dort alleine zu sein. An den Aussichtspunkten drängeln sich so viele Touristen, die einen Selfie vor den besten Punkten wollen, dass man für einen kurzen Moment am Geländer lange anstehen muss. Insbesondere auf der brasilianischen Seite sind die Plattformen klein und platzen aus allen Nähten, auf der argentinischen Seiten verläuft es sich etwas.
Der Ort Puerto de Iguazu (Argentinien) liegt wenige Kilometer flussabwärts an der Mündung des Iguazu in den Paraná (der die Grenze nach Paraguay bildet). Von hier aus wenige Kilometer den Paraná hinauf liegt die brasilianische Stadt Foz do Iguaçu und am anderen Ufer die Stadt Ciudad del Este in Paraguay.
Es lohnt sich auf jeden Fall, beide Seiten der Wasserfälle zu besuchen. Von Puerto Iguazu fährt alle 20 min ein Bus zum argentischen Visitor Center und alle Stunde ein Bus über die Grenze zum brasilianischen Eingang. Auf beiden Seiten ist das Licht vormittags besser — soweit die Sonne überhaupt zwischen den Wolken durchkommt.
Für die argentinische Seite sollte man einen ganzen Tag planen. Leider muss man hier mehrfach lange auf einen langsamen Bimmelzug warten, weil (angeblich wegen der Pumas) die entsprechenden Fußwege gesperrt sind. Vom mittleren Bahnhof aus gibt es zwei Rundwege. Der untere ist besonders schön, er führt etwa auf halber Höhe durch den unteren Teil der Schlucht, mit ständig wechselnden Ausblicken auf Wasserfälle auf beiden Seiten. Wer Glück hat, kann von diesem Weg aus auch auf die zwischen großen Fällen gelegene Insel San Martin übersetzen, von deren oberen Ende sich ein grandioser Blick bieten muss, in unserem Fall war die Insel gesperrt. Der völlig flache obere Rundweg führt vom mittleren Bahnhof aus auf Stegen an der Kante entlang von einem Fall zum nächsten. Eine weitere Fahrt mit der Bahn bringt einen zu einem langen Steg, über den man den größten und gewaltigsten Wasserfall erreicht, den Garganta del Diablo. Die Schlucht ist hier dermaßen mit weißer Gischt gefüllt, dass er wie in eine Wolke hinein fällt. Er befindet sich am obersten Ende der Schlucht und bildet die Grenze zwischen beiden Ländern.
Für die brasilianische Seite reicht ein halber Tag, da es hier nur einen Weg gibt. Er führt zunächst an der Kante der Schlucht entlang und bietet dabei einen Überblick über die Wasserfälle auf der anderen Seite. Schließlich erreicht man auch hier einen Steg, der über eine Terrasse auf mittlerer Höhe führt, die sich zwischen zwei Stufen von Wasserfällen befindet. Wenn man an ihrem Ende einen Platz in der ersten Reihe ergattert, hat man einen gigantischen Blick in alle Richtungen — einschließlich auf den Garganta do Diablo (wie der größte auf Portugiesisch heißt). Ein Aufzug bringt einen zur Straße mit den Bussen hinauf.
Die Basaltströme, in den sich der Iguazu einschneidet, haben übrigens auch eine interessante Geschichte (s.a. meine Bücher Edelsteine und Bewegte Bergwelt). Sie gehören zu den Paraná-Etendeka-Flutbasalten, die heute durch den Atlantik zweigeteilt sind. Das Paraná-Gebiet umfasst weite Teile von Südbrasilien, Uruguay, Nordostargentinien und Südwestparaguay. Das kleinere Etendeka befindet sich im heutigen Namibia. In der Kreidezeit, vor ca. 127 Ma, als hier in geologisch kurzer Zeit ein mächtiger Lavastrom über den nächsten floss, waren beide Kontinente noch Teil des Großkontinents Gondwana. Nach der klassischen Theorie entstehen solche Flutlaven, wenn im Erdmantel heißes Material als sogenannter Diapir aufsteigt — und dessen pilzförmiger „Kopf“ in geringer Tiefe ankommt und große Mengen Basaltmagmen gebildet werden. Entlang von langen Spalten schossen regelrechte Lavavorhänge in die Höhe, einzelne Ströme flossen Hunderte von Kilometern weit. Erst später setzte der normale Hotspot-Vulkanismus (vergleichbar mit Hawaii) ein, der die Vulkaninsel Tristan da Cunha im Südatlantik befeuert. Die vom Manteldiapir verursachte Krustendehnung dürfte für den Zerfall von Gondwana und das Aufreißen des Südatlantiks mitverantwortlich gewesen sein.
In diesen Flutlaven des Paraná-Plateaus bildeten sich später in Blasen die riesigen Amethystdrusen, die in vielen Museen und Mineralienläden in aller Welt stehen (fast alle kommen aus Brasilien oder Uruguay). Wie diese entstanden, beschreibe ich ausführlich in meinem Buch Edelsteine in Kapitel 7.
Weiterlesen
Quebrada de Humahuaca
Valles Calchaquíes (mit Quebrada de Cafayate, Cachi und Los Cardones)
Talampaya und Ischigualasto (Valle de la Luna)
Am Fuß des Aconcagua
Patagonien
Angel Fall (Venezuela)