HRP Teil 3: Über hohe Pässe

Zwischen Parzán und Salardú befinden sich die höchsten Berge der Pyrenäen und die höchsten Pässe des HRP

Auf dem HRP am Col des Gourgs-Blancs

Der nächste Abschnitt auf der Haute randonnée pyrénéenne (HPR) führt durch eine beeindruckende Gebirgslandschaft mit Bergen wie Pico de Aneto und zahlreichen Bergseen, z.B. im Aigüestortes-Nationalpark.

Es geht aber erst einmal mit einem langweilen und schweißtreibenden Aufstieg auf einer Schotterstraße los. Mit der Mittagshitze rächt sich die Übernachtung an den Barroude-Seen … Auf der anderen Seite des Passes wandere ich auf den Posets zu, den zweithöchsten Berg der Pyrenäen. Ich übernachte auf einem Campingplatz, eine gute Gelegenheit zum Duschen und Akkus laden.

Posets

Es folgt ein langer Tag mit vielen Pässen. Morgens steige ich auf mehr oder weniger deutlichen Pfaden zum Port d’Aygues Portes auf, auf der anderen Seite geht es bis zu den Wolken hinab. Auf dieser Höhe quere ich eine Weile den Hang, an einem See und mehreren Stolleneingängen vorbei. Dann hinauf zu einem Stausee und weiter zum hübschen Lac des Isclots.

Lac des Isclots
Blick vom Lac du Mlieu zum Col des Gourgs-Blancs
Am Col des Gourgs-Blancs

Über Blockhalden und einen Gletscherrest geht es weiter. Bis ich auf dem Col des Gourgs-Blancs (2877 m) ankomme, ist früher Abend. Jetzt muss ich noch über einen weiteren Pass, einen kleinen Berg und dann hinab zum von 3000ern umgebenen Lac du Portillon (leider nur ein Stausee).

Lac Glacé
Lac du Portillon

Der nächste Tag beginnt mit dem höchsten Pass des HRP, dem Col Inférieur de Literole (2983 m). Das erste Stück hinab auf der anderen Seite gilt als schwerste Stelle des HRP, ein unangenehmer Steilhang, der unter den Füßen zerbröselt. Wenig später folgt oberhalb des Lago de Literole noch ein weiterer Pass. Hier lasse ich den Rucksack liegen und mache einen Abstecher auf den Pic Perdiguère (3222 m). Das ist der höchste Gipfel rund um den Lac du Portillon, wobei der Aufstieg auf seiner Rückseite ziemlich einfach ist.

Col Inférieur de Literole
Lac du Portillon vom Pic Perdiguère

Durch ein hübsches Hochtal geht es anschließend abwärts, in das obere Ende des Tals von Benasque hinein. Ich steige noch bis zum Refugio de la Renclusa auf, von wo ich den Pico de Aneto besteigen will.

Pico de Aneto vom Portillon Superior

Im Schein der Stirnlampe steige ich zum Portillon Superior auf, einem Pass im Grat hoch über der Hütte. Bei Sonnenaufgang habe ich dort eine grandiose Aussicht, allerdings mit ziemlich finsteren Wolken über dem Gipfel. Ich beschließe schon, lieber umzukehren, da kommt eine Gruppe hinauf und meint, dass es erst am Nachmittag regnen soll. Also gehe ich weiter, meist über Blockhalden hüpfend. Dann die Gletscherreste: Viel ist zwar nicht mehr übrig, aber richtige Steigeisen statt meiner Grödel wären angebrachter gewesen. Bis ich auf dem Gipfel bin, ist dieser in Wolken und ich sehe nicht allzu viel. Die meisten anderen sind über eine andere Route gekommen (über den Pass direkt an der Hütte und an einem kleinen See vorbei). Diese nehme ich für den Abstieg und bin auf dieser trotz Gegenanstieg viel schneller. Die glatt polierten Granitplatten sind im Vergleich zu den Blockhalden wie eine Autobahn …

Forau de Aigualluts

Zurück auf dem HRP komme ich zum Forau de Aigualluts: Ein Fluss stürzt hier in einem Wasserfall in eine schluchtähnliche Doline und verschwindet im Untergrund. Übrigens habe ich hier die Hälfte des HRP geschafft. Etwas weiter talaufwärts baue ich mein Zelt auf. Nachts gibt es ein Gewitter.

Am nächsten Morgen sieht das Wetter noch unentschieden aus. In Richtung des nächsten Passes blauer Himmel, in die andere Richtung dunkle Wolken. Als ich etwa 300 m unterhalb des Passes eine flache Talschüssel aus Granit erreiche, schwappt von unten eine Wolke hinauf. Schlagartig ist der Nebel so dicht, dass ich nicht einmal mehr den nächsten Steinmann sehen kann, geschweige denn die zwei Wanderer, die gerade noch kurz vor mir waren. Ich packe mein Handy für die Navigation aus, aber bis ich ein GPS-Signal habe, fängt es schon an zu schütten und zu gewittern. Das geht so schnell, dass ich schon nass bin, bis ich das Handy weg- und die Regensachen ausgepackt habe. Ich kauere mich in eine Ritze zwischen Felsen. Regen und Hagel prasseln auf mich ein. Die Berge bekommen weiße Tupfer und wo gerade noch trockener Fels war, gibt es plötzlich zahllose Wasserfälle. Neben mir, wo vorher ein Rinnsal floss, rauscht jetzt ein 10 m breiter, reißender Fluss. Nach 2 Stunden hört das Gewitter endlich auf und mir ist eiskalt. Ich mache einen Vorstoß, komme aber nicht weit, weil der Fluss im Weg ist. Aus dem gleichen Grund ist ein Rückzug ins Tal unmöglich. Also erst einmal einen Kaffee kochen und beobachten, wie der Pegel wieder sinkt.

Nach dem Gewitter am Col des Mulleres

Als ich wieder aufsteige, fängt es schon wieder an zu regnen. Also beeile ich mich, jetzt will ich wirklich über den Pass. Ich eile von Steinmann zu Steinmann und merke erst oben, dass ich am falschen Pass gelandet bin, auf der falschen Seite des Aussichtsgipfels Tuc de Mulleres. Immerhin reißt es jetzt etwas auf, was natürlich ziemlich gut aussieht. Das Gipfelchen spare ich mir trotzdem, ich quere den Hang über die Blöcke zur anderen Seite. Lustigerweise finde ich dabei Fußstapfen in den frischen Hagelresten. Die anderen beiden Wanderer müssen genau denselben Fehler gemacht haben! Endlich bin ich am Col des Mulleres, dem letzten hohen Pass des HRP. Ich steige noch bis zu den Seen ab und biwakiere in der Nähe einer kleinen Blechhütte.

Der nächste Tag beginnt mit Nebel und hört mit Nebel auf. Immerhin sitze ich mittags am Lac de Rius in der Sonne und breite meine nassen Sachen (insbes. Das Handy) zum trocknen aus.

Lac de Rius

Aber schon am Nachbarsee stapfe ich durch Nebel. Auf den Blick von einem kleinen Pass auf einen der schönsten Seen der Pyrenäen, Lac de Mar, hatte ich mich besonders gefreut. Ich sehe nur Nebel. Nach einer Nacht am Ufer steige ich zum Sonnenaufgang noch mal hinauf, um den Blick wenigstens im Gegenlicht zu haben.

Lac de Mar
Lac de Mar

Es folgen weitere Seen und Pässe und gute Aussichten. Hier bin ich im spanischen Aigüestortes-Nationalpark, in dem es sehr viele hübsche Seen zwischen schroffen Granitbergen gibt. Dann geht es ein langes Tal hinab nach Salardú, wo ich es mir in einer Pension bequem mache.

Aigüestortes-Nationalpark von Port de Caldes

(Weiter mit HRP Teil 4.)


Pyrenäen-Traverse auf dem HRP