HRP Teil 4: Auf einsamen Pfaden nach Andorra

Von Salardú nach L’Hospitalet-pres-I’Andorre führt der HRP durch die hinterste Ecke von Katalonien und durch Andorra

Gallina-Seen

Der nächste Abschnitt der Haute randonnée pyrénéenne (HPR) führt durch einen relativ unbekannten, aber schönen Teil der Pyrenäen, in einem abgelegenen Winkel von Katalonien. Das kleine Fürstentum Andorra ist dann in 1½ Tagen durchquert. Das mit der Einsamkeit ist allerdings relativ, im August ist man auch hier nicht alleine. Außerdem kommen mir jetzt immer mehr HRP-Wanderer entgegen.

Salardú

In Salardú komme ich erst spät los, weil der kleine Laden erst um 9 aufmacht – und ich muss Essen für eine Woche kaufen. Beim Aufstieg sind die romanischen Kirchen im Tal und im Hintergrund der Pico de Aneto zu sehen. Nach einem Picknick an den Seen Estanys Rosari de Baciver kraxle ich einen steilen Grashang auf den Tuc de Marimanya hinauf und lasse damit die Tagesausflügler hinter mir. Es kommt eine Landschaft mit vielen Seen und ausgedehnten Blockhalden in Sicht und bald hüpfe ich oberhalb des Estany d’Airoto ziemlich lang von Block zu Block. Ich überquere noch einen Pass und biwakiere an einem kleinen See.

Blick vom Tuc de Marimanya
Estany d’Airoto

Es folgt ein Abstieg über zum Teil halb überwucherte Pfade zum verschlafenen Dorf Alós d’Isil, dann der Aufstieg zum nächsten Pass, Col de la Cornella. Nun folgen einige Seen. Besonders schön sind die Gallina-Seen beim Abstieg vom übernächsten Pass (Col de Calberante). Am untersten biwakiere ich nahe der Blechhütte Refugi Enric Pujol.

Alós d’Isil
Oberer Gallina-See

Es folgt ein Tag mit gleich zwei Gipfeln. Früh morgens besteige ich Mont Roig, mit tollem Blick u.a. auf die Gallina-Seen.

Am Mont Roig
Am Mont Roig
Gallina-Seen von Mont Roig

Dann baue ich das Zelt ab und wandere hinab zum winzigen Dorf Noarre. Während ich mich am Nachmittag dem nächsten Pass nähere, zieht ein Gewitter auf. Daher spurte ich so schnell wie möglich die 250 Höhenmeter zum Gipfel des Pic de Certescan hinauf und wieder hinab. Ich biwakiere am Estany de Certascan, dem man wegen des braunen Streifens entlang des steilen Ufers deutlich ansieht, dass er aufgestaut ist.

Lac de Certascan

Am nächsten Morgen komme ich zum sehr hübschen See Estany Romedo de Dalt. Das wäre ein schönerer Biwakplatz gewesen … Ich mache eine lange Pause, heute bin ich ziemlich müde. Dann geht es an vielen Wasserfällen vorbei abwärts.

Estany Romedo de Dalt

Kurz nachdem ich nach meiner Mittagspause am tiefsten Punkt loslaufe, fängt es an zu regnen. Bis zum Coll de Sellente bekomme ich einen mehrfachen Wechsel von Starkregen mit Blitzen und Donner und Regenpausen mit ein paar Sonnenstrahlen. Vom Pass aus ist es nicht weit zur leuchtend orangenen Blechhütte Refugi de Baborte, die ich tropfnass ansteuere. Doch leider ist sie bereits so voll wie eine Sardinendose. Zum Glück hört der Regen wenige Minuten später auf und ich baue mein Zelt am See auf.

Estany de Baborte

Am nächsten Morgen geht es durch ein flaches Hochtal, Pla de Boet (hier zweigt eine beliebte Variante des HRP via Arinsal in Andorra ab). Dann über die Port de Boet für ein paar Stunden nach Frankreich. Da schon wieder Wolken aufziehen, beeile ich mich. Nach einer frühen Mittagspause am Etang de la Soucarrane mache ich mich auf zum nächsten Pass, die Port de Rat. Hier betrete ich Andorra und damit ein Land, in dem ich noch nie war.

Es ist merkwürdig, nach Tagen in der Wildnis an der Bergstation einer Seilbahn anzukommen und die Wahl zwischen zwei Restaurants zu haben. Mit Heißhunger schlage ich mir den Bauch voll. Dann drehe ich noch eine wirklich schöne Runde auf dem Panoramaweg durch den (absolut nicht tristen) Cirque de Tristaina. Die drei Seen sehen im Abendlicht toll aus – und das schlechte Wetter hat mir tatsächlich den Gefallen getan, hinter der nächsten Bergkette zu bleiben. Eigentlich hätte ich hier gerne übernachtet, aber die Zelten-Verboten-Schilder sind nicht zu übersehen. Also steige ich noch ein gutes Stück ins Tal ab.

Cirque de Tristaina in Andorra

Der nächste Tag führt über mehrere Pässe und an Seen vorbei durch das nordöstliche Andorra. Dabei bin ich meist nur knapp über der Baumgrenze und trotzdem den Gipfeln nah. Kurz nach der Mittagspause fängt es am Pass Serra de Cabana Sorda mal wieder an, heftig zu gewittern. Eilig steige ich zur Hütte ab. Der Hagel tut derart auf dem Schädel weh, dass ich mir mir etwas unter die Kapuze stopfe, und die Schuhe füllen sich mit Wasser. Bis ich an der Hütte bin, ist das Schlimmste vorbei, trotzdem stelle ich mich noch für eine Stunde unter. Leider sind nur noch Stehplätze frei …

Um wieder warm zu werden, wandere ich noch bis zu den Juclar-Seen, wo ich ziemlich müde kurz vor Sonnenuntergang ankomme (am oberen See gibt es einen schönen Biwakplatz). Hier sind die Berge doch noch einmal schroff und gezackt.

Juclar-Seen

Nun ist es nur noch ein kurzer Aufstieg zum Col de l’Albe, an dem ich Andorra schon wieder verlasse und wieder nach Frankreich komme. Der Weg über den Pass ist wirklich schön mit all den Seen. Besonders gefällt mir der Blick zurück auf die Juclar-Seen, aber auch die Etangs de l’Albe auf der anderen Seite. Dann geht es hinab nach L’Hospitalet-pres-I’Andorre.

Etangs de l’Albe
Etangs de l’Albe

(Weiter mit HRP Teil 5.)


Pyrenäen-Traverse auf dem HRP