Wird salzhaltiges Wasser soweit eingedampft — durch Menschen in einer Saline zur Gewinnung von Meersalz oder natürlich an Salzseen und Salaren –, dass es an NaCl (Halit, Kochsalz) und möglicherweise auch anderen Salzen gesättigt bzw. übersättigt ist, fällt dieses in Form fester Kristalle aus. Normalerweise sind Halitkristalle würfelförmig und sie sind natürlich schwerer als das Salzwasser und befinden sich somit am Grund (wobei größere Würfel die Ausnahme sind).
Trotzdem sind manchmal auf der Wasseroberfläche schwimmende Kristalle oder kleine „Salzflöße“ zu sehen. Dieses Phänomen tritt auf, wenn die Verdunstung besonders stark ist und kein Wind die schüsselförmigen Kristalle wieder versenkt. In diesem Fall ist die Salzkonzentration direkt an der Wasseroberfläche besonders hoch und es kommt bevorzugt an der Grenzfläche Salzwasser-Luft zur Keimbildung (Nukleation) von Salzkristallen.
Eine übersättigte Lösung befindet sich in einem chemischen Ungleichgewicht, sie enthält mehr vom betreffenden Stoff (z.B. Salz), als eigentlich unter entsprechenden Bedingungen (insbes. Temperatur) im Lösemittel (z.B. Wasser) gelöst sein können. Das ist nur möglich, wenn die Keimbildung der Kristalle aus irgendeinem Grund nicht bzw. erst verzögert stattfindet. Sobald diese einsetzt, kristalliert sehr schnell so viel des Stoffes aus, bis das chemische Gleichgewicht wieder hergestellt und die Lösung genau gesättigt ist.
Genau das kann auch an der Oberfläche von Salzwasser passieren. Aufgrund der besonders starken Übersättigung wachsen aber keine normalen würfelförmigen Kristalle heran, sondern „Boote“ in Form einer Pyramide, deren Spitze nach unten zeigt. Der ursprüngliche Nukleus des Kristalls befindet sich in der Pyramidenspitze. Auf Englisch werden solche Kristalle passend als hopper crystals bezeichnet, in diesem Fall also hopper halite, wobei hopper „Schüttgutbehälter“, „Ladewanne“ u.ä. meint. Einen passenden deutschen Begriff gibt es leider nicht (längliche Hopperkristalle, insbesondere von Ammoniummagnesiumphosphat, werden oft als „sargdeckelförmige Kristalle“ bezeichnet).
Wie gesagt bestehen diese Kristalle auf dem ersten Blick aus vier Pyramidenflächen. Sieht man genauer hin, erkennt man, dass diese Flächen in Wirklichkeit aus kleinen Stufen bestehen. Die Flächen dieser Stufen entsprechen kristallographisch den Würfelflächen. Beim sehr schnellen Wachstum aus der stark übersättigten Lösung lagern sich nämlich neue Ionen nicht gleichmäßig auf einer Würfelfläche an (was einen normalen würfelförmigen Kristall erzeugen würde), sondern bevorzugt in der Nähe der Kanten. Entlang der Kante bildet sich so eine Stufe heraus.
Beim langsamen Wachstum passiert übrigens das genaue Gegenteil, die Anlagerung vor einer Stufe ist nämlich energetisch am günstigsten. Das führt zum Verschwinden einer Stufe auf der Kristallfläche, die somit selbst im atomaren Massstab während des Kristallwachstums nahezu eine Fläche bleibt. Beim schnellen Wachstum eines Hopperkristalls erfolgt der „Anbau“ mit Ionen an einer energetisch ungünstigen Position, einfach weil dort der Nachschub mit weiteren Ionen schneller ist. Die (elektrisch geladenen) Ionen der Kante können besser passende (entgegengesetzt geladene) Ionen anziehen, als die Ionen einer Fläche.
Das Ergebnis ist, dass aus dem winzigen Keimkristall ein Hopperkristall heranwächst, der dank seiner Schüsselform so viel Wasser verdrängt, dass er schwimmt und somit dort bleibt, wo die idealen Wachstumsbedingungen herrschen. Mit der Zeit können viele dieser Kristalle zu einem „Floß“ zusammenwachsen. Manchmal (z. B. bei Wind) versinken sie aber auch und wachsen auf dem Grund weiter (und evtl. zu normalen Würfeln heran).
Da die Hopperkristalle im Vergleich zu normalem Salz schön „crunchy“ sind, gelten sie in manchen Ländern als Delikatesse. Bei fleur de sel („Salzblume“) aus Frankreich handelt es sich um Hopperkristalle, die per Hand in Salinen gesammelt werden.
Das Bild oben zeigt schwimmende Hopperkristalle in einem kleinen Salzwasserloch eines Salars in Argentinien namens Salinas Grandes del Noroeste.
Übrigens tritt ein ähnliches Phänomen manchmal bei der Kristallisation aus einer Schmelze bzw. aus einem Magma auf. Ist eine Schmelze stark unterkühlt (d.h. unter dem Liquidus) und dabei die Keimbildung der Kristalle unterdrückt, kommt es irgendwann plötzlich zu einer sehr schnellen Kristallisation. Betrachtet man einen Dünnschliff eines entsprechenden magmatischen Gesteins unter dem Mikroskop, sind dann z.B. „skelettförmige“ Hopper-Olivine zu sehen (Donaldson 1976, Contrib Min Petr). So etwas hatte ich in einem Olivin-Melilithit in meiner Diplomarbeit.
Kühlt man eine Schmelze des Metalls Bismut (Bi) ab, entstehen ebenfalls Hopperkristalle, die in diesem Fall wie ineinander verschachtelte Würfel aussehen. Solche bunt angelaufene synthetische Bismutkristalle werden oft in Mineralienläden und Museumsshops verkauft.