Tief eingeschnittene Mäander des Uvac in einem selten besuchten Reservat in Serbien
Tief in den Kalkstein eingeschnittene Mäander: Die spektakuläre Uvac-Schlucht (Увац, sprich: „Uwatz“) ist ein nur wenig besuchtes Naturwunder in Serbien, nicht weit von der Grenze zu Montenegro (s.a. mein Buch Bewegte Bergwelt). In meinem Reiseführer stand sie gar nicht erst drin und ausgeschildert ist sie auch nicht. Der nächste Ort ist Sjenica, wo man die Straße Richtung Ivanjica nimmt. Nach wenigen Kilometern befindet sich rechts der Straße ein kleiner See. Direkt dahinter zweigt eine Jeeppiste nach links ab und führt einen Hügel hinauf. Wir parken am See und folgen zu Fuß der Piste, auf der wir nach einer halben Stunde das Camp des Rangers erreichen. Wer nicht wie wir schon vorher vom Ranger gefunden wird, zahlt hier den Eintritt, man kann auch übernachten. Durch ein Holztor geht es weiter über einen Pfad, der immer bessere Blicke bietet. Nach etwa 2 h (vom Auto) erreicht man einen großartigen Aussichtspunkt namens Molitva, der wie ein Balkon ausgebaut ist und über den Mäandern thront. Es lohnt sich, noch etwa 15 Minuten zu einem zweiten Aussichtspunkt weiterzulaufen, um die Schlucht aus einer anderen Perspektive zu sehen.
In Bosnien und Herzegowina ist die blutige Vergangenheit noch zu spüren. So fällt auf, dass die Landesflagge nur in bestimmten (bosnischen) Landesteilen zu sehen ist, während in anderen Regionen entweder die kroatische oder die serbische Flagge weht. Die Verkehrsschilder sind doppelt in kyrillischer und in lateinischer Schrift, aber je nach Region ist entweder die eine oder die andere mit Sprühfarbe unlesbar gemacht.
In Mostar wurden die berühmte Brücke und Teile der Altstadt wieder aufgebaut, aber sobald man von den Gassen voller Souvenirshops abzweigt, passiert man Ruinen ohne Dächer und voller Einschusslöcher. So wirkt die Innenstadt ziemlich künstlich.
Weniger präsent scheint der Krieg in Sarajevo, die ist voller Leben und Menschen drängen sich durch Prachtstraßen aus der Zeit der habsburgerischen Besatzung und durch enge Basaargassen. Aber hin und wieder fällt der Blick auf endlose weiße Kreuze im Hintergrund.
Entspannt sind hingegen drei Sehenswürdigkeiten in der Umgebung von Mostar. Bei Blagaj steht ein Derwischkloster direkt neben einem Höhlentor, aus dem ein kleiner Fluß strömt.
Pocitelj liegt direkt an der Hauptstraße nach Kroatien, das schön gelegene Dorf hat osmanische Häuser, Moscheen und Befestigungen aus dem 16. Jahrhundert.
Der Kravice-Wasserfall schließlich hat eine gewisse Ähnlichkeit mit den bekannteren Wasserfällen in Kroatien, ich fand ihn aber deutlich sehenswerter als Krka. Allerdings war an diesem Tag zufällig ein BMW-Treffen auf dem Parkplatz, eine riesige Autoschlange rollte darauf zu, Oldtimer-Caprios und fabrikneue Schlitten fuhren an einer Tribüne vorbei und ließen sich bejubeln. Ein absurdes Balkan-Klischee.
Typisch für Karstgebiete sind Dolinen, kraterförmige Gebilde, die entweder durch Einsturz einer Höhle (Einsturzdoline) oder durch die Lösung von Kalkstein durch Wasser (Lösungsdoline) entstehen (s.a. mein Buch Bewegte Bergwelt). Zwei besonders große Dolinen gibt es in Kroatien bei Imotski, das östlich von Split nahe der Grenze zu Bosnien-Herzegowina liegt (ab Autobahnausfahrt Zagvozd ausgeschildert).
Modro Jezero (Blauer See), am Ortsrand von Imotski, ist ein tiefes Loch mit beinahe 300 m tiefen Felswänden, das von einem blauen See gefüllt ist, dessen Wasserspiegel häufig schwankt. Eine Seite ist weniger steil und hier führt ein breiter Weg zum See hinunter. Das Ganze ist als Park mit Spazierwegen und Aussichtspunkten angelegt.
Etwa 1 km weiter auf einem kleinen Sträßchen erreicht man Crveno Jezero (Roter See), der allerdings ebenfalls blau oder blaugrün ist: rot sind hier nur die Felswände. Dieses Loch zählt wohl zu den größten Dolinen der Welt, wobei der (schwankende) Wasserspiegel nur etwa der halbe Weg bis zum Grund ist, der 530 m unter der Oberkante und damit mehrere Meter unter dem Meeresspiegel liegt.
Die Wasserfälle im Krka-Nationalpark haben einen ähnlichen geologischen Hintergrund wie die Plitvicer Seen, sind aber bei weitem nicht so schön. Das liegt zum einen daran, dass sie nicht so dicht an dicht liegen, zum anderen daran, dass so viele Gebäude herumstehen. Der größte Fall, Skradinski Buk, liegt nahe der Autobahn und hat entsprechend viele Besucher.
Hübsch ist auch Roški slap, der insbesondere aus einer Fläche mit vielen Mini-Stufen besteht. Es lohnt sich, die Stufen zur Höhle hinaufzugehen, weniger wegen der Höhle, sondern vor allem für den Blick. Um hierherzukommen, muss man allerdings ein gutes Stück über Landstraßen gurken, wobei man noch einen Halt für das hübsch auf einer Insel in einem See gelegene Kloster Visovac einlegen kann. Alternativ kann man beides auf einer Bootstour vom Skradinski Buk besuchen.
Weiter südlich liegt an der Küste Trogir, mit einer sehr hübschen Altstadt, einer interessanten Kathedrale, dicken Mauern und verwinkelten Gassen. In unserem Reiseführer klingt es, als ob es sich um ein Dorf handelt, dabei gibt es in dieser Stadt auch eine Werft und immer wieder donnert ein Flugzeug im Landeanflug auf Split über uns hinweg.
Bei den Ausgrabungen in Solin, einem Vorort von Split, ist vor allem die merkwürdige Mischung aus römischen Grundmauern, überwucherten Gärten und dem Hintergrund aus Industrieanlagen und Hochhäusern interessant.
Die Innenstadt von Split ist hingegen sehr überzeugend. Einen guten Teil davon machen die Reste eines großen Palastes aus, den der römische Kaiser Diokletian für seine letzten Jahre erbauen ließ. Später nutzen die Bewohner von Split die mächtigen Mauern einfach als Stadtmauer, bauten das Mausoleum zur Kathedrale um und bauten Häuser und Gassen.
Das Velebitgebirge, ein stark verkarsteter Teil der Dinariden, verläuft parallel zur kroatischen Adriaküste (s.a. Bewegte Bergwelt). Im Norden befindet sich der Velebit-Nationalpark, wo wir als Tageswanderung dem Fernwanderweg Premužićeva staza folgen. Nach etwa einer Stunde beginnt der interessante Teil, der Weg ist aus Natursteinen gemauert und windet sich nahezu ohne Steigungen durch Dolinen und wilde Karrenfelder, die ohne diesen Pfad nur sehr mühsam zu begehen wären.
Eine weitere Stunde später lohnt es sich, der Markierung Gromovaca auf einen kleinen Berg mit großer Aussicht zu folgen: zu sehen sind nicht nur die Felsen und Dolinen der Umgebung, sondern auch die Inselwelt der Kvarner Bucht. Wenig später erreicht man eine kleine Hütte. Nun lohnt es sich, vor dem Rückweg noch eine halbe Stunde weiterzugehen: im folgenden Abschnitt sind die Dolinen enger, steiler, tiefer und liegen so dicht nebeneinander, dass nur noch dünne Grate dazwischen sind.
Über den mittleren Velebit verläuft eine Passstraße, die oberhalb von Karlobag schöne Blicke über die Inseln (insbesondere Pag) bietet. Das Dorf am Pass ist ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen über einen Bergrücken mit bizarren Felsformationen. Wir drehen eine große Runde über die Gipfel Ljubičko brdo, Kuk od Karline plane und Kiza.
Im südlichen Velebit liegt der Paklenica-Nationalpark, der vor allem für seine Schluchten bekannt ist. Wir besuchen nur die Velika Paklenica, die bestimmt großartig zum Klettern ist, aber die Aussichten vom Wanderweg fand ich nach all den Superlativen, die ich gelesen hatte, doch etwas enttäuschend.
Schließlich spazieren wir auf der Insel Pag noch auf die höchste Erhebung, Sv. Vid, mit guten Blicken über das Meer auf das Velebit-Gebirge.
Karstlandschaft mit Seen und Wasserfällen in Kroatien
Wenn Wasser an Kalziumkarbonat übersättigt ist, wird Sinterkalk ausgefällt — ein einfaches Phänomen, das faszinierende Gebilde formen kann (s.a. mein Buch Bewegte Bergwelt), wobei die Plitvicer Seen zu den absoluten Highlights gehören. Die Löslichkeit von Kalziumkarbonat hängt eng mit der Menge an im Wasser gelöstem CO2 zusammen (das als Kohlensäure eine schwache Säure bildet und die Karbonatlöslichkeit erhöht). Die Löslichkeit von CO2 in Wasser hängt wiederum mit dem Druck und der Temperatur zusammen. Zur Ausfällung von Sinterkalk kommt es insbesondere dort, wo CO2 aus dem Wasser entgast und daher die Löslichkeit von Kalziumkarbonat verringert wird.
Das ist insbesondere dort der Fall, wo Wasser schnell fließt, wobei auch Pflanzen dem Wasser CO2 entziehen können. Auf diese Weise haben sich regelrechte Staudämme gebildet, über die Wasserfälle rauschen, was natürlich die Ausfällung noch verstärkt.
Bei den Plitvicer Seen gibt es 16 große und viele kleine natürliche Stauseen, dazwischen die natürlichen Dämme mit Wasserfällen, die mal nur wenige Dezimeter, dann wieder einige Meter hoch sind. Hier lohnt sich unbedingt, einen Tag lang die verschiedenen Aussichtspunkte abzuwandern, wobei Teile der Strecke mit Schiff und einem Touristenzug zurückgelegt werden können. Ganz allein ist man bei dieser Natursehenswürdigkeit allerdings nicht.
Von den vielen Karstformationen in Kroatien (s.a. Bewegte Bergwelt) gehören die Bijele Stijene („Weiße Felsen“) zu den faszinierendsten und zugleich zu den am wenigsten besuchten. Das liegt sicherlich daran, dass sie nicht leicht zu erreichen sind, sie liegen inmitten eines abgelegenen Waldgebiets, in dem sich Bären und Wölfe gute Nacht sagen. Von den weit ab von großen Straßen gelegenen Dörfern Begovo-Razdolje oder Jasenak geht es lange Strecken über holprige Waldwege, dann folgt ein anstrengender Aufstieg über einen schmalen Pfad, wobei man einige umgestürzte Bäume überklettern muss. Endlich erreicht man den Bergrücken, auf dem viele bizarre Felsformationen aus dem Wald ragen, ein Chaos aus tiefen Karren, Felstürmen und Dolinen.
Alte Städte, venezianische Kirchen und römische Ruinen an der Adriaküste der Halbinsel (Slowenien, Kroatien)
Die Küstenstädte der Halbinsel Istrien sind mit ihren venezianischen Kirchen, Buchten und Häfen voller Postkartenansichten. Wir beginnen in Piran (Slowenien), einem ruhigen Ort, der auf einer Landspitze liegt, mit einer geleckten Altstadt, einem hübschen Hauptplatz und einem schönen Blick vom Campanile.
Rovinj (Kroatien) ist lebhafter und größer, besonders gefällt mir hier der Blick vom Campanile auf die Stadt und die benachbarten Inseln und der Blick über das Hafenbecken hinweg auf die Alstadt.
Etwas nördlich von hier befindet sich der Limski-Kanal, eine lange, kanalähnliche Meeresbucht. Wir wandern bis zu einer Grotte mit Blick, was sich aber nur bedingt gelohnt hat und eher Radfahrern zu empfehlen ist. Besser ist der Blick auf die Bucht von einem Aussichtspunkt nahe der Autobahnausfahrt.
Schließlich fahren wir nach Pula und bewundern die römischen Reste, insbesondere das Amphitheater und den Augustustempel.
Höhlen, Dolinen, Poljes — der Begriff Karst leitet sich vom gleichnamigen Gebirgszug ab
Eine einzige chemische Gleichung, die Gleichgewichtsreaktion von Lösung und Ausfällung von Kalkstein, ist für eine Vielzahl faszinierender Phänomene verantwortlich, die gemeinhin als Karst bezeichnet werden: Höhlen, Dolinen, versickernde Flüsse, Karren, Polje und so weiter (s.a. mein Buch Bewegte Bergwelt: Gebirge und wie sie entstehen). Der Begriff Karst leitet sich wie auch viele andere Begriffe der Geomorphologie aus den südslawischen Sprachen ab. Der Karst der Dinariden reicht von Slowenien bis Montenegro und in dieser Region können einige spektakuläre Karstphänomene besichtigt werden.
In Slowenien sind vor allem zwei Höhlen berühmt, die trotz der hohen Eintrittspreise beide einen Besuch lohnen. In Postojna schreckt ein wenig der massenhafte Besucherandrang ab, aber die Wälder aus Tropfsteinen sind wirklich beeindruckend und lassen viele andere Tropfsteinhöhlen blass aussehen. Ein guter Teil der Strecke wird mit einem unterirdischen Zug zurückgelegt, was ein wenig das Gefühl gibt, in einem Freizeitpark durch billige Kulissen zu fahren. Aber die Tropfsteine sind echt und stehen dicht an dicht. Dann folgt ein Spaziergang durch die schönsten Hallen. Wenige Kilometer entfernt gibt es eine interessante Burg, die in das Maul einer großen Grotte gebaut wurde, hier lohnt sich zumindest ein kurzer Fotostop.
Die Höhlen von Škocjan sind fast noch faszinierender als Postojna, aber so anders, dass ein Vergleich kaum möglich ist. Der erste Teil der Tour ist noch vergleichbar mit vielen anderen Höhlen, aber dann nähert man sich dem Fluss Reka, der durch eine tiefe unterirdische Schlucht donnert. Der beleuchtete Weg, der durch diesen Abgrund führt, scheint in den Dimensionen der Höhle winzig klein und von unten wabert Nebel hinauf. Ein wirklich magischer Ort. Schließlich tritt man innerhalb einer riesigen Doline ans Tageslicht und fährt mit einem Lift wieder hinauf. Wir machen auch die zweite (neue) Tour, die von der anderen Seite durch die „unterirdische Schlucht“ zur Doline führt. Dieser Teil wirkt eher wie ein Tunnel, ist aber ebenfalls faszinierend. Keinesfalls solle man den Aussichtspunkt mit einem Blick über die riesige Doline auslassen (genauer gesagt sind es zwei Dolinen, die nur durch einen schmalen Grat mit Felstor getrennt sind, durch das der Fluss rauscht).
Wer Karstphänomene ohne Touristenmassen sehen möchte, sollte einen Spaziergang (ca. 2-3 h) über den Lehrpfad durch Rakov Škocjan machen (das nicht bei Škocjan liegt, sondern zwischen Postojna und Cernica: Ab der Autobahnausfahrt Unec ausgeschildert). Der Wanderparkplatz liegt am kleinen Felstor Mali Naravni Most. Hier kommt ein Fluss aus einer Höhle und fließt durch ein System aus Dolinen, Tunnels und Felstoren. Es lohnt sich unbedingt, den steilen Pfad abzusteigen und die Dolinen auch von unten zu erkunden, bevor man oben auf dem Lehrpfad dem Fluss folgt. Unterwegs trifft man auf weitere weniger spektakuläre Karstphänomene, bevor der Fluss durch das große Felstor Veliki Naravni Most fließt und nach einer kurzen Schlucht wieder in einer Höhle verschwindet.
Nicht weit von hier liegt Cernica in einem Polje. Als Polje werden die in der Karstregion häufigen Ebenen genannt, die rund herum von steilen Hängen umgeben sind und keinen überirdischen Abfluss haben. Das gesamte Wasser verschwindet durch Ponore im Untergrund und die Lösung des Kalksteins an den Hängen führt zu einer Vergrößerung der Ebene. Am Rand des Poljes von Cernica liegt ein saisonaler See, dessen Wasserspiegel vom Grundwasserspiegel und dem Wasser in Höhlen und Klüften abhängt.
Die Entstehung der großen Seen in den Südalpen (Italien)
Viele der tief eingeschnittenen Seen in den Alpen füllen bekanntlich Täler, die einst von den Gletschern der Eiszeiten ausgeschürft wurden. Das trifft allerdings so nicht auf die Seen in den Südalpen zu. Wo sich heute Comer See, Luganer See, Garda-See und Lago Maggiore befinden, gab es schon zum Ende des Tertiärs, also vor den Eiszeiten, tiefe Schluchten.
Der Comer See hat auf der Karte die Form eines auf dem Kopf stehenden Y, mit den Armen von Como und von Lecco im Süden, die sich an der Halbinsel von Bellagio treffen. Er ist bis zu 425 m tief (bei Argegno im Arm von Como) und damit der tiefste See der Alpen. Der tiefste Punkt befindet sich somit mehr als 200 m unter dem Meeresspiegel. Die genannte Schlucht war aber noch viel tiefer, sie wurde lediglich später bis zur Hälfte mit Sedimenten verfüllt. Es handelte sich um ein V-Tal mit steilen Flanken, dessen damaliger Talboden bei Argegno etwa 700 m unter dem heutigen Meeresspiegel liegt.
Damit ein Fluss ein so tiefes Tal eingraben konnte, musste natürlich etwas Außergewöhnliches passieren. Das war die sogenannte messinische Salinitätskrise im späten Miozän. Damals fiel die Meeresenge zwischen Mittelmeer und Atlantik trocken (sie befand sich nicht an Stelle der heutigen Straße von Gibraltar), weil sich die dortige Region hob. Im Mittelmeerraum war jedoch die Verdunstung wesentlich höher als die Wassermenge, die von Flüssen angeliefert wurde. Der Wasserspiegel sank daher immer weiter, bis schließlich das gesamte Meeresbecken ausgetrocknet war und in den tiefsten Becken dicke Salzablagerungen zurückblieben.
Die Adda mündete vor der messinischen Salinitätskrise wohl bei Como in eine Meeresbucht. Als der Meeresspiegel absank, begann sie sich immer tiefer in das Gestein einzuschneiden. Im Vorland südlich Como handelte es sich dabei um die südalpine Molasse, also gerade erst am Alpenrand abgelagerte Sandsteine und Konglomerate, die leicht erodiert werden können.
Offensichtlich störte die Tektonik der Südalpen die Entstehung der Schlucht. Die Gesteine der Südalpen wurden anders als die Decken der zentralen und der nördlichen Alpen kaum in die Bewegungen der Gebirgsbildung einbezogen, aber es kam dennoch zu einer leichten Verschiebung kleiner Decken in südliche Richtung. Möglicherweise führte dies dazu, dass unser Fluss sich einen neuen Weg suchen musste und eine zweite Schlucht einschnitt, den heutigen Seearm von Lecco.
Letztlich floss das Meerwasser aus dem Atlantik wieder in das Becken des Mittelmeeres, die Salzschichten sind seither unter jüngeren Meeressedimenten begraben. Auch unsere Schlucht füllte sich und bildete einen Meeresarm, der wie ein Fjord aussah. Die Adda brachte große Mengen an Material aus ihrem Hinterland, das die ehemalige Schlucht weitgehend verfüllte.
Während der Eiszeiten strömte das Eis vom Eisschild der Alpen hinab, durch beide Arme des heutigen Sees und mündete bei Como und bei Lecco auf die Poebene, wo es sich in Form von Piemont-Gletschern ausbreitete. Der Gletscher räumte im Bereich des späteren Sees einen kleinen Teil der jungen Sedimente wieder aus und formte die Seiten um. Südlich von Como und Lecco häuften sich große Endmoränen an. Nach der Eiszeit blieb der See zurück, die Adda fließt seither bei Lecco aus dem See in Richtung Po. Die anderen großen Seen der Südalpen entstanden natürlich durch dieselben Prozesse.
Literatur:
Preusser et al. 2010. Distribution, geometry, age and origin of overdeepended valleys and basins in the Alps and their foreland. Swiss J Geosci 103, 407-426.
Cavallin et al. 1997. Fourth International Conference on Geomorphology – Italy 1997, Guide for the excursion, geomorphology of the Central and Southern Alps. Suppl. Geogr. Fis. Dinam. Quat. III, T. 2, 13-46.
Finkch, 1978. Are southern Alpine lakes former Messinian canyons? Geophysical evidence for preglacial erosion in the southern Alpine lakes. Marine Geology, 27, 289-302.
Bini et al. 1978. Southern Alpine Lakes. Hypotesis of an erosional origin related to the Messinian entrenchment. Marine Geology, 27, 271-288.