Der Cruise durch die Schluchten des Jangtse war etwas enttäuschend. Durch den fast fertig gestellten Damm ist der Wasserspiegel schon um 80 m gestiegen, entsprechend sind die Schluchten nicht mehr ganz so spektakulär und viele alte Städte längst versunken. Stattdessen immer gleich aussehende neue Städte aus Hochhäusern. Gibt es dann doch noch einen Tempel oder eine Pagode zu besichtigen, stürmen die 600 Passagiere wie die Lemminge ihren Führern hinterher und schnell wieder zum Schiff.
Für die abzweigenden „Little Three Gorges“ werden wir auf kleine Boote verladen. Im engsten Teil stehen immer wieder in Trachten gekleidete Leute am Ufer und singen, irgendwo läuft ein alter Typ, auch in Trachten und mit einem Tragekorb auf dem Rücken hin und her (der Weg hört nach ein paar Metern auf und wurde wohl nur für ihn gebaut) und singt auch. Alles ganz ursprünglich und so, argh.
Für rund 2000 Jahre war Xian über Dynastien hinweg die Hauptstadt Chinas. Entsprechend ist die Stadt und die Umgebung voll von alten Tempeln, Toren, Gräbern. Mit am interessantesten ist die Große Moschee, sie schaut aus wie ein chinesischer Tempel, das Minarett wie eine Pagode.
Doch der Hauptgrund hierherzukommen ist die Terracotta-Armee, tausende lebensgroße Tonsoldaten aus dem 3. Jh. v. Chr., die das Grab eines wohl etwas tyrannischen Kaisers bewachen (derselbe, der die Chinesische Mauer begonnen hat). Es ist besonders faszinierend, dass kein Gesicht dem anderen gleicht: manche glauben, es handelt sich um Porträts.
Die Geschichte Chinas ist kurz gesagt eine Folge von unzähligen Dynastien, zwischen denen unruhige Zeiten von Warlords und konkurrierenden Reichen liegen. All die Tempel, Keramik und Bronze der verschiedenen Epochen sehen für das ungeübte Auge (d.h. für mich) ziemlich ähnlich aus…
Höhlentempel mit Buddhastatuen und eine Altstadt (Shanxi, China)
Mitten im Kohlerevier Datong liegen 1500 Jahre alte, faszinierende buddhistische Höhlentempel. Die älteren haben vor allem eine Vielzahl gigantisch großer Buddha-Skulpturen, während in den etwas jüngeren tausende bunte Figuren die Wände beleben. Ein wenig erinnert das Ganze an Ajanta und Ellora und tatsächlich waren wohl auch indische Baumeister beteiligt.
In der Nähe besuche ich den „hängenden Tempel“ am Hengshan.
Die folgende Busfahrt verlief nicht ganz wie geplant: auf der Autobahn scherte plötzlich ein LKW grundlos auf unsere Spur aus, sodass u.a. unsere Tür kaputt war. Wir mussten erstmal auf die Polizei und die folgenden Diskussionen warten, dann wurden wir zu einer Mautstation eskortiert. Irgendwann sollten wir dann aussteigen und unser Gepäck holen, aber der angekündigte andere Bus ließ noch mehrere Stunden auf sich warten (Hunger!). Zwischendurch hielt an der Mautstelle ein LKW, voll beladen mit Bienenkästen, deren Bewohner in einer Wolke auf uns stürzten und immer noch da waren, als der LKW längst weiter war. Ich bin mit nur zwei Stichen glücklich davon gekommen… Der neue Bus kam dann doch noch und schrappte, ihr werdet es kaum glauben, auf dem Weg in die Stadt an einen Bagger, sodass ein Teil unserer Karosserie hinten wie eine Blechfahne am Bus hing!
Die Kleinstadt Pingyao hat eine wundervoll erhaltene Altstadt, komplett mit Stadtmauer. Sie war über zwei Dynastien hinweg das wichtigste Finanzzentrum des Landes, fiel dann aber zum Glück zur Bedeutungslosigkeit ab, bevor China vom heutigen Bauboom ergriffen wurde. Mein Hotel ähnelt all den alten Banken und Handelshäusern, mit mehreren schönen Innenhöfen, um die sich die Häuser aus Ziegeln und Holz gruppieren.
Die Stadt ist von breiten, mit Hochhäusern gesäumten Straßen durchzogen, doch dazwischen finden sich immer noch Reste der Hutons, der alten Viertel aus niedrigen, grauen Ziegelhäuser, in deren engen Gassen alte Menschen im Schatten Tee trinken oder Brettspiele spielen, Kohleverkäufer radeln ihre Waren zu den Kunden…
Das Zentrum der modernen Stadt ist natürlich der Tiananmen-Platz, eine riesige, von Sowjet-Style-Prachtbauten gesäumte Fläche. Er wurde angelegt, um aus der feudalen Stadt das Zentrum des sozialistischen China zu machen. Dass hier 1989 die großen Demonstrationen (wegen der langsamen Reformen und Korruption) blutig niedergeschlagen wurden, ist euch natürlich bekannt. „Die Rebellion ist immer gerecht“ (Mao). Das Mausoleum des großen Vorgesetzten steht mitten auf dem Platz, ich reihe mich in die Pilger ein, die zum Teil Plastikblumen kaufen und auf einem Tisch in der Vorhalle niederlegen (die Blumen werden regelmäßig eingesammelt und wieder verkauft). Kaum hat man den Toten passiert, der jeden Tag mechanisch aus einer Art Kühltruhe gehoben wird, ist man auch schon im Souvenirshop und kann allerhand Mao-Kitsch kaufen.
Direkt hinter dem Tor des himmlischen Friedens, über dem ein riesiges Mao-Bild prangt, liegt der Kaiserpalast, mit über 800 Gebäuden zu Recht „Verbotene Stadt“ genannt. Fast einen ganzen Tag irre ich durch all die Pracht, Marmorterrassen, gelbe geschwungene Dächer…
Und es gibt in dieser Stadt noch mehr großartige Gebäude, darunter der runde Himmelstempel und ein anderer Tempel mit einem 19 m hohen Buddha, der aus einem einzigen Sandelholzstamm geschnitzt wurde (es hatte 3 Jahre gedauert, das Ding aus Tibet hierher zu befördern).
Ich gehe mit einem Haufen Leuten Pekingente essen, in einem der Säle im sechsstöckigen Kultrestaurant, wo der Koch die Ente vor unseren Augen auseinander schnibbelt. Mmmh. Täglich lassen hier 200 Enten das Leben.
Mehr oder weniger wilde Abschnitte der Mauer mit bergigem Auf und Ab zwischen Huanghua und Mutianyu
Ich dachte mir, das beste, um die Großartigkeit der Chinesischen Mauer zu erleben, ist sicherlich, auf ihr entlangzuwandern. Und ich hatte schon abenteuerliche Geschichten gehört, also mache ich mich auf zu einem einsamen Abschnitt bei Huanghua. Anfangs ist die Mauer in gutem Zustand, es geht steil einen Berg hinauf. Später aber ist sie sehr zerfallen oder nur noch Schutt, bis sie hin und wieder ganz verschwindet und erst auf dem nächsten Berg zu sehen ist. Ich schlage mich durch dichten Wald, verliere auch mal meinen total zugewachsenen Pfad und finde ihn wieder, bekomme überall Kratzer von den Dornen, die Nähte von meinen Schuhen platzen auf und mein Shirt ist zerrissen.
Schließlich übernachte ich in einem halb zerfallenen Wachturm. Am nächsten Morgen geht es in eine steile, tiefe Schlucht hinab und ich habe weder Wasser (es war verdammt heiß) übrig, noch Motivation und so folge ich die Straße, bis ich einen Bus zu meinem ursprünglichen Ziel finde: Mutianyu. Etwas touristisch, mit Seilbahnen und Sommerrodelbahn, ist die Mauer hier hübsch renoviert. Auf der einen Seite laufe ich, die Verbotsschilder ignorierend, bis zum höchsten Hügel und verbringe dort mit phantastischem Blick in einem Turm die zweite Nacht. Nach Sonnenaufgang laufe ich spontan noch 6 Stunden in dieselbe Richtung weiter: Die Mauer ist hier meist recht gut erhalten und ein Pfad führt durch die auf ihr wachsenden Büsche. Zunächst geht es über einige hohe Kalksteinfelsen und zum Teil muss ich auch mal klettern. An einer völlig abgelegenen Stelle überrascht mich ein Getränkeverkäufer. Dann endlos auf und ab…
Die Mauer entstand schon im 3. Jh. v. Chr., wurde aber im 14. bis 16. Jh. ausgebaut. Natürlich hat sie, die ja die Barbaren aus dem Norden abwehren sollte, nicht viel genutzt: immerhin zweimal hatten die Nomaden aus dem Norden ganz China erobert und Dynastien gegründet. Zu Zeiten Marco Polos herrschten die Mongolen sogar über fast ganz Asien.
Um Yangzhou mal wieder Kegelkarst vom feinsten – zugegeben ziemlich ähnlich wie die entsprechenden Landschaften in Nordvietnam oder Südthailand. Das Beste ist, mit einem Fahrrad durch die Landschaft zu kreuzen (wenn es nur nicht so brutal heiß wäre), denn zwischen den felsigen Bergen ist alles flach. Weniger vorbereitet war ich auf den chinesischen Tourismus, dass Busladungen voll Chinesen von Gruppenleitern mit Megaphon durch die Höhlen oder zu den Booten geschleust werden. Guilin selbst ist eine der mehr als 100 chinesischen Millionenstädte und damit ziemlich unattraktiv: ein Hochhaus neben dem nächsten.
Die Entstehung von Kegelkarst erkläre ich in meinem Buch Bewegte Bergwelt.
Nach einem halben Jahr auf dem südostasiatischen Banana-Pancake-Trail ab ins Reich der Mitte: von Bali fliege ich erstmal nach Kuala Lumpur. Malaysia steckt derzeit in dichtem Smog, da die Bauern auf Sumatra ihre abgeernteten Felder abfackeln. Weiter geht es nach Macau – eigentlich wollte ich direkt nach Peking, das hätte aber sehr viel mehr gekostet (1400 statt 200 Euro). Den Rest der ersten Nacht verbringe ich im Flughafen…
Ich finde schließlich ein billiges Hotel in der Stadt und schon geht es mit den Sprachproblemen los: Es wird einfach ignoriert, dass ich kein Kantonesisch verstehe. Irgendwie klappt es dann aber doch. Das Hotel ist fast die größte Attraktion in Macau: Etwas heruntergekommen, mit winzigen Holzabteilungen, ein alter Chinese schlurft in der Unterhose durch den Flur und ich fühle mich wie um ein Jahrhundert zurückversetzt. Die Stadt selbst könnte irgendwo in Portugal sein, vom 16. Jh. bis 1999 war sie eine portugiesische Kolonie. Ähnlich wie Hongkong ist Macau jetzt ein Teil Chinas, aber mit autonomen Status: z.B. gibt es eine eigene Währung und ich brauche kein Visum. Wie die Briten in Hongkong hatten übrigens mit Qingdao auch die Deutschen ihr Stückchen Land mit dubiosen Methoden abbekommen.
Schließlich in China nutze ich den Aufenthalt in Guangzhou (Kanton), um ein hier ausgegrabenes 2000 Jahre altes Königsgrab zu besichtigen. Der Tote war in zusammengenähte Jadeplättchen eingenäht, da man glaubte, dass Jade den Zerfall der Leiche verhindert, was allerdings nicht funktioniert hat, selbst von den Knochen ist fast nur Staub übrig. Ansonsten gibt es viele kostbare Grabbeigaben und auch einige Musikanten, Köche und Konkubinen waren mit begraben worden, damit sie ihm auch im Jenseits dienen können.
Besteigung des Gunung Agun und diverse Tempel, Seen, Vulkane und Reisfelder
Inmitten saftig grüner Reisfelder und Palmenhaine ein balinesisches Dorf: Vor jedem Hofeingang liegen Opfergaben, in die ich einmal versehentlich reingetreten bin; hinter jedem Eingang steht zurückversetzt eine Mauer, die verhindert, dass böse Geister ins Haus kommen (denn die können nur geradeaus gehen). Wie winzige Tempelchen sehen in den Höfen all die Häuschen aus, die von den Geistern der Ahnen bewohnt werden. Kinder basteln auf der Straße an Drachen, Frauen tragen schwere Lasten wie Holz auf dem Kopf nach Hause, entlang der Straße sitzen die stolz hergezeigten Kampfhähne unter Körben. Am Dorftempel wird gerade der Zement für einen neuen Schrein angerührt, die behauenen Steine liegen schon bereit…
Gunung Agung ist nach balinesischer Vorstellung das Zentrum des Universums und Wohnort der Hindugötter. Der sechsstündige Aufstieg (letztlich waren es nur 5) beginnt am riesigen 1000 Jahre alten Tempelkomplex Pura Besakih. Um Mitternacht gehe ich mit meinem Guide (weil ich sonst alleine gewesen wäre) los. Unterwegs passieren wir zunächst einen schlafenden Mann, der eigentlich auf der Suche nach Vermissten ist, denn am Vortag war eine zehnköpfige Gruppe nur zu acht zurückgekommen. Die Fehlenden finden wir dann unterhalb des Gipfels, sie hatten wegen der Kälte aufgegeben und dann im Nebel den Weg verloren (dabei ist der Weg ziemlich eindeutig und ohne Abzweigungen!). Der Blick von oben reicht bis zum Vulkan Rinjani auf Lombok, auf den ich nur wegen brühwarmen Berichten von bewaffneten Überfällen verzichtet habe.
Auf der anderen Seite schaut der kleine Kegel Batur aus einer wolkengefüllten Caldera heraus: mein nächstes Ziel. Agung selbst wurde 1963 bei einer heftigen Eruption um über 100 m auf 3014 m gekürzt. Wir sammeln die beiden anderen beim runter kommen ein, aber da sie so langsam sind, mache ich mich schließlich aus dem Staub, trotz der Bedenken meines Führers, ich könnte mich verlaufen. Bis ich unten bin, steckt der Berg schon wieder in Wolken.
Der Blick auf die Caldera mit dem Batur (letzte Eruption 1994) im Zentrum ist großartig, an einer Seite schmiegt sich ein sichelförmiger See an den Calderarand, in dessen Nähe ich mit den Locals in einer Hot Spring plansche und von der Wanderung erhole – im 5 cm tiefen Wasser. Leider wird hier in der Gegend derart aggressiv versucht, die unverschämt teure Tour auf den Batur oder sonst was zu verkaufen (mir wird sogar mit schwarzer Magie gedroht!), dass ich auf den Spaziergang zum Gipfelchen verzichte und weiterfahre.
Nach einem Stopp am hübschen Strand Lovina im Norden der Insel, fahre ich über den Bratansee zum Dorf Ubud, dem Zentrum balinesischer Kulturindustrie. Zuletzt stelle ich mich noch ungeschickt beim Versuch an, die Wellen von Kuta (ein ziemlich unattraktiver Ort) zu surfen.
Auf einem Inselschen zwischen Bali und Lombok (Indonesien)
Reif für die Insel! Nach all den bestiegenen Vulkanen und langen Bustrips erstmal eine Woche am Strand, auf der kleinen Insel Gili Air (wörtlich „Insel Wasser“) zwischen Bali und Lombok. Zum Schwimmen ist das Wasser etwas flach und die Korallenriffe sind in weiten Teilen zerstört, da vor Jahrzehnten mit Dynamit gefischt wurde und später ein El Nino den Rest besorgt hat. Trotzdem hat sich das Schnorcheln mit einigen Schildkröten gelohnt.
Zwischen Lombok und Bali verläuft die Wallace-Linie. Sie trennt die asiatische von der australischen Fauna – wobei heute von einer breiteren Übergangszone ausgegangen wird. Wallace war kurz vor Darwin auf die Evolutionstheorie gekommen, war aber in Indonesien und nicht in London, sodass die Lorbeeren nicht ihm zufielen…
Ganz im Osten Javas liegt dieser Vulkan, in dessen Krater ein grünlicher Schwefelsäuresee liegt. Am Rand hat sich ein riesiger Schwefelkörper gebildet, brauner heißer Schwefeldampf steigt fauchend auf. Wenn der Wind die Wolke zu einem trägt, ist das Atmen fast unmöglich, die Säure beißt in den Augen und in der Nase. In Rohren wird ein Teil der Dämpfe abgeleitet, an deren Enden kondensiert das gelbe Element und bildet langsam erstarrende Pfützen. In großen Blöcken wird er in Tragekörbe gefüllt und diese von den Arbeitern für etwa 3 Euro pro Tag den Krater hinauf und auf der anderen Seite hinuntergeschleppt (siehe auch meine Bücher Bewegte Bergwelt und Die Welt der Rohstoffe).
Mittlerweile haben wir Bali durchquert und sind mit der Fähre nach Lombok gefahren (20 km in 6 Stunden). Das nächste Ziel sind die kleinen vorgelagerten Gili-Inseln.