Im trockenen Marwar, dem Land des Todes, liegt die von Geiern umkreiste Sonnenfestung Mehrangarh, aus rotem Sandstein gebaut. Tief unten ein Meer von kleinen indigoblauen Häusern: Jodhpur, die blaue Stadt.
Am 2. Abend sind wir zur Hochzeit der Schwester des Gasthausbesitzers eingeladen. Dressed up werden fast alle Backpackers in zwei Rikshaws gepackt, wir wissen nicht genau wo hin und unser Fahrer wohl auch nicht. Daher stehen wir dann irgendwo Nachts in der Stadt, bis wir gefunden werden. Die Hochzeit war dann aber, abgesehen vom extrem fettigen Essen, eher langweilig. Wir wurden diverse Male genötigt, fast allein auf der Bühne zu tanzen, denn wir waren scheinbar die Attraktion des Abends. Ansonsten hat Party- oder festliche Stimmung gefehlt.
Mount Abu ist eine Art indischer Honeymoon-Luftkurort. Wir sind allerdings nicht deshalb hierhergekommen, sondern wegen der beeindruckenden Jain-Tempel in der Nähe. Diese fast 1000 Jahre alten Tempel sind so detailliert aus Marmor geschnitzt, dass es kaum zu glauben ist, dass der Bau nur 14 Jahre gedauert haben soll. LP schreibt treffend, dass es aussieht, sie seien gewachsen und nicht gebaut. Unglaublich, dass Menschen zu so einem Bauwerk fähig sind und genauso unglaublich, dass ich vorher noch nie etwas von Mount Abu gehört habe.
Wie märchenhaft schön muss Udaipur sein, wenn sich Stadt und Paläste im See spiegeln! Nur zu schade, wenn in einem trockenen Jahr wie diesem nur eine traurige Pfütze vom See übrig ist. Der City Palace ist trotzdem beeindruckend, die Räume um oft wunderschöne Innenhöfe gruppiert. Die Räume selbst verraten, dass die Herrscher von Udaipur ein ausgeprägtes Faible für Kitsch hatten.
Etwas außerhalb der Stadt stehen ein paar Hundert Kenotaphe, ein faszinierendes Meer aus verschiedenen, hintereinander geschachtelten Kuppeln.
Die Straße nach Mount Abu schlängelt sich durch beige Hügel, zwischen denen immer wieder kleine Ebenen mit saftig grünen Feldern liegen. Die Busfahrt mit all ihren Details, vor allem aber der albernen Buscrew, die mich letztlich fragt, ob ich fahren will, ist bestimmt die lustigste der Reise.
Ahmedabad ist eine ziemlich laute und versmogte Großstadt. Gut, einige interessante Moscheen und hübsche alte Häuser zwischen Le-Corbusier-Beton, ein faszinierendes Brunnenhaus, aber nie ein ruhiges Plätzchen zum Verweilen. Die Wanzen, die ich am morgen beim Abbauen des Moskitonetzes zutage fördere, geben mir dann den Rest. Ich habe aber nur einen Biss und zum Glück hatte ich diese Nacht nicht den Schlafsack ausgepackt! Vielleicht wäre das „HIV GANGA HOTEL“ nebenan besser gewesen?
Junagadh ist wesentlich angenehmer, ruhig, interessante alte Bauten, freundliche Menschen und fast keine Touris. Ich steige zusammen mit hunderten Pilgern die 7000 Stufen auf einen heiligen Berg hinauf, auf dem vor allem interessante Jain-Tempel stehen (Jain ist eine Religion, die zu einer ähnlichen Zeit wie der Buddhismus aus dem Hinduismus entstand). Es ist auf dem ach-so-heiligen Berg aber auch ziemlich Ausflugs-Stimmung. Das Beste sind die Fotografen, die für das ultimative Poser-Foto Plüschtiger und Luftgewehr bieten.
Werbetafel: „Loved in Germany like in Gujarat – Bawat Basmati Rice“ Jetzt wisst ihr’s!
Höhlentempel in den Basalten der Dekkan Traps (Südindien)
Ich bin mitten in der Flutbasaltprovinz der Deccan Trapps, wo die Landschaft mich hin und wieder wunderbar an mein Arbeitsgebiet in Tansania erinnert. Vor allem in der Umgebung des beeindruckenden Forts Daulatabad, nahe Aurangabad. Im 14. Jh. beschloss der Herrscher über Nordindien, die Hauptstadt hier her zu verlegen und zwang daher die gesamte Bevölkerung von Delhi, hierher zu marschieren. Dabei sind die Leute wie die Fliegen gestorben und nach ein paar Jahren durften alle wieder zurück. Indien ist voll von solchen verrückten Geschichten.
Die buddhistischen Klöster in Ajanta (200 v. Chr. bis 400 n. Chr., evtl. 600 n. Chr.) sind in einer hufeisenförmigen Schlucht in den Fels geschlagen worden. Die Wände wurden mit faszinierenden Fresken bemalt, die das Leben Buddhas erzählen.
Auf dem Weg zu einem Aussichtspunkt sehe ich dann noch zwei knapp 2 m lange Schlangen (und ca. 5 cm dick), die dicht nebeneinander liegen. Ich habe erst meinen Augen nicht getraut, denn sie waren nur etwa einen halben Meter von mir weg und hatten dieselbe Farbe wie das trockene Gras, mit einem schwarzen Zickzackmuster drauf. Ich hab mich langsam verdrückt, keine Ahnung wie so eine Schlange reagiert, wenn sie beim Sex gestört wird. Ich tippe mal auf Python, aber die Jungs in der Nähe meinten, sie sei giftig. Aber die wussten auch nicht mal die Namen der Steine, die sie verkaufen (Apophyllit, nicht Bergkristall!)
Die Höhlentempel in Ellora sind jünger und überwiegend hinduistisch, hier besteht der Schmuck aus einem Pantheon an Skulpturen.
Zwischen zwei Zügen und wieder allein bin ich in Hyderabad, wo ich eigentlich gar nicht hin wollte. Immerhin vergeht hier die Zeit schneller als im langweiligen Bangalore. Das Golconda-Fort ist interessant, das „… is a must-view“ im Lonely Planet ist aber maßlos übertrieben. In der Nähe stehen noch einige Königsgräber, die ein wenig dem Taj Mahal ähneln – aber mit Putz statt Marmor. Ansonsten gibt es in dieser muslimisch geprägten Stadt viele Moscheen und erschreckend viele schwarz verschleierte Frauen.
Wundervolle Tempel in wundervoller Landschaft (Südindien)
Wie romantisch… Hampi, das sind die Ruinen der Hauptstadt des größten Hindu-Königreichs der indischen Geschichte (insbes. 16. Jh.). Das reizvolle dabei ist aber, dass das Ganze in eine faszinierende Granit-Landschaft, mit von Bouldern übersäten Hügeln und Bergen, eingebettet ist. Und dazu die wundervoll ruhige, entspannte Atmosphäre. Allein schon jeden Morgen in einer Nussschale über den Fluss gepaddelt zu werden verhindert jeden Stress.
Der kulturelle Höhepunkt ist sicher der filigrane Vittala-Tempel, mit seiner Vielzahl an hauchdünnen Säulen und Figuren und dem eigenartigen aus Stein gehauenen Wagen im Hof. Der auf einem Hügel gelegene Hanuman-Tempel ist hingegen eher landschaftlich reizvoll, vielleicht will der Mönch mit der Bemerkung, die Figur im Tempel sei nicht „man-made“ sondern „natural“ über den künstlerischen Mangel hinweghelfen. Ungewollt macht er damit aber wohl die Götter zu handwerklichen Stümpern.
Es muss ja nicht jeden Tag Kultur sein, z.B. mal einen Tag lang mit dem netten Mädchen aus dem Nachbarzimmer am See mitten in der Felslandschaft liegen oder das Frühstück bis zum Mittag dauern lassen…
Im Restaurant um die Ecke beobachte ich eines Morgens, wie die Jungs über den Preis eines halb ausgepackten VCD/mp3-Players verhandeln. Wie erwartet wird abends die Musik angeschaltet, sobald wir auf der Dachterrasse auftauchen. Leider haben sie wohl nur Spice Girls, aber wir trauen uns nicht, zu bitten, die Musik wieder auszumachen, schließlich haben die am morgen einiges in das Ding investiert… Ich hoffe, die haben bald bessere Musik.
Faszinierend, dass in Indien die Kids genauso penetrant nach dem school-pen (notfalls auch Schokolade oder Rupee) betteln wie diejenigen in Afrika oder Lateinamerika. Ich kann mir das nur so erklären, dass vor Jahrzehnten gutmenschelnde Touristen durch die Welt gefahren sind und Kugelschreiber verteilt haben, um den Kindern eine gute Karriere zu ermöglichen …
Die schönsten Tempel in Südindien: in Madurai, Trichy, Thanjavur und Mamallapuram
Um die 10000 Pilger wuseln jeden Tag durch den Tempel von Madurai. Sie laufen im Kreis um die Säulen, deren Reliefs irgendwelche Götter darstellen, gießen Öl und stapeln Kokosnüsse auf den Nandir (Shivas Büffel) oder bewerfen eine der größeren Götterstatuen mit Butter – entsprechend riecht es leicht ranzig. Mitten im Tempel stehen zwei geschmückte Elefanten, von denen man sich gegen 10 Rupien segnen lassen kann. Der Tempel selbst hat hohe, mit unzählbaren Figuren geschmückte Türme über den Toren, die in kitschigem rosa-hellblau bemalt sind. Um den Tempel herum wimmelt es von Bettlern, in der Vorhalle klemmen zwischen den Säulen und Figuren Schneider mit ihren Nähmaschinen mit Fußbetrieb. Die Marktgassen platzen aus allen Nähten, ein ständiger Wechsel von Farben, Gerüchen (zwischen Jasmin und Urin) und Geräuschen.
Hier an der Südostspitze von Indien ist gerade Nordwest-Monsum, d.h. es regnet an manchen Tagen etwas zu häufig, um hier lange bleiben zu wollen.
In Tiruchirappalli (Trichy) und Chidambaram hab ich mir flüchtig noch mehr Tempel angeschaut, weil ich eh umsteigen musste…
Der Tempel der Chola-Kultur in Thanjavur (Tanjore) aus dem 10. Jh. ist nicht so kitschig bemalt, was mir wesentlich besser gefällt. Und nicht so überlaufen.
Irgendwo zwischen Thanjavur und Pondycherry hält der Bus, die Straße ist gesperrt. Dann läuft ein mit Stöcken bewaffneter Mob vorbei. Im Bus sind alle ruhig, aber es kann plötzlich niemand mehr fließend Englisch: „fight“ ist das einzige, was ich gesagt bekomme. Als wir dann endlich weiterfahren, steht massenhaft Riot-Police herum, ein paar Scheiben sind eingeschlagen. In der Zeitung stand, dass Leute vom Nachbardorf zum Diwali-Fest gekommen sind und mit Feuerwerkskörpern randaliert haben, bis es gekracht hat…
In der ehemals französischen Kolonie Pondycherry gibt es nichts besondere zu sehen, nur das Flair und französische Küche. Dafür gibt es in Mamallapuram wieder beeindruckende Tempel. Hier ist auch zu sehen, was passiert, wenn eine Kultur bisher nur Tempel als Höhlen in den Fels geschlagen hat und nun hoch hinaus will: Ein kompletter Granit-Fels wurde weggeschlagen und dabei 5 kleine Tempelchen stehen gelassen!
Jetzt bin ich in Bangalore (billiges Internet!) und warte auf den Zug nach Hampi.
Sicher, es gibt Ausnahmen. Trotzdem scheint hier die Regel zu gelten, je mehr Personal in einem Restaurant rumsteht (am liebsten mit dem Rücken zu den Gästen), desto langsamer ist der Service. Und so wartet man mal eine halbe Stunde auf die Cola, nachdem man es endlich geschafft hat, zu bestellen…